Liebe, ich habe dich zur Bahn gebracht. Jetzt bin ich zurück in meinem, unserem, wieder meinem Zimmer. Eben habe ich einen Augenblick gezögert, den Schlüssel ins Schloß zu stecken; ich wollte nicht, daß die Tür aufginge; ich wollte nicht zurück in das Zimmer, das mir doch nur dein Fehlen zur Schau stellen würde, alle Arten davon: Wie du nicht am Tisch sitzt; wie du nicht mitten im Raum stehst und mir zulächelst; wie du nicht im Bett liegst; wie du auch nicht im Bad wärst, wenn ich die Tür dorthin öffnen würde. Alle möglichen Arten deines Fehlens, eine einfallsreicher als die andere: lächelnde, ernste, verträumte, nachdenkliche, lachende Weisen zu fehlen. Noch viel mehr Möglichkeiten für dich, nicht da zu sein, als es Möglichkeiten gäbe, da zu sein, weil du ja nur einmal da sein kannst, aber viele, viele Male gleichzeitig fehlen. Auf dem Stuhl. Im Bett. Unter der Dusche. Am Herd. Mit Buch, ohne Buch. Wach oder schlafend. Du schaffst es sogar, gleichzeitig angezogen und nackt nicht hier zu sein, und auch auf alle erfindungsreichen Arten zwischen dem einen und dem andern zu fehlen. Lauter Beispiele für wie du nicht da bist. Lauter Beispiele, für wie sich kein Kuß von dir anfühlt. Sehr anschaulich, wie du mich nicht umarmst. Ich wollte sie gar nicht sehen und noch weniger fühlen, diese gleichzeitigen, übereinander gelagerten Abwesenheiten von dir, eine trauriger als die andere.
Am liebsten wäre ich gleich wieder fortgegangen, um erst mit dir in vierzehn Tagen wieder hierher zurückzukommen.
Zurückkommen, mit dir. Wie das klingt. Wie fremd und schön. Nach Hause, mit dir, zu uns. Zu uns.
Einen Moment schoß mir das so durch den Kopf, und ich fühlte den Impuls, einfach wieder wegzugehen von der Tür, hinter der du nicht warst. Dann aber habe ich den Schlüssel ins Schloß gesteckt und geöffnet und bin hineingegangen, nicht zu uns, sondern wieder nur zu mir.