(Und auch dich kennt dieser Raum durch mich, kennt uns, und von Anfang an, kennt die Knospen und Wurzeln, die ersten sprossenden Silben des Gesprächs, das uns seither bis ins Körperliche hinein verbindet. Als ich schlaflos lag und die auf mich Ruhlosen herabblickenden Bücher bat, ihre Spiegelungen auch in der Scheibe, mir von dir zu erzählen. Hier war es. Und doch war es nicht hier. Es war nirgends. Es war in der Vergangenheit eines Ortes, der seine eigene Zukunft hatte, damals, wie wir die unsere, unbekannte.)
Autor: solminore
Was reden die alle seit Tagen von dem Gottschalk? Wetten dass …? war doch mit Frank Elstner!
… donec ad haec tempora quibus nec vitia nostra nec remedia pati possumus perventum est.
“… bis wir schließlich [in der Lektüre, S.] in unsere Zeit gelangen, eine Zeit, in der wir weder unsere Fehler noch deren Korrektur ertragen können.”
(Livius, Ab urbe condita, Praefatio)
Vom Wetter (2)
Das Wetter als Menschenwerk. Es zeichnet sich schon ab, daß Geoengineering der letzte Ausweg bleibt, um die Erderwärmung auf lebensverträgliche Maße zu begrenzen. Die Frage ist wohl weniger, ob wir es tun, als vielmehr, wann wir es tun. Unabsichtlich haben wir ja mit dem Geoengineering bereits angefangen, als wir uns vor ungefähr 150 Jahren daran machten, das Erdklima durch den Ausstoß von Treibhausgasen anzuheizen. Als die Physik den Treibhauseffekt von Kohlendioxid und anderen Gasen entdeckte, den Klimawandel erst für möglich hielt, dann voraussagte, endlich nachwies, glaubte man auch zunächst noch an eine durchaus positive Entwicklung, schien eine wärmere Erde und eine höhere Kohlendioxidkonzentration in der Atmosphäre doch verbessertes Pflanzenwachstum und damit bessere Ernten zu versprechen. Wenn wir jetzt erwägen, Schwefelaerosole in die Stratosphäre auszubringen oder im All gigantische Schattenspender aufzuspannen, um die Erde wieder abzukühlen, denken wir bereits über einen zweiten Eingriff nach, der die Folgen des ersten rückgängig machen soll. Davon kann man halten, was man will — es hat jedenfalls nicht nur physikalische Folgen, sondern auch psychologische und soziale. Es wird ein für allemal unsere Auffassung vom und unsere Haltung zum Wetter verändern. Schon das Bewußtsein des menschengemachten Klimawandels macht aus dem täglichen Regen oder Sonnenschein ein Phänomen, das von menschlicher Anwesenheit kontaminiert ist, man könnte sagen, es hat seine Unschuld verloren, seine außermenschliche Neutralität. Das Wetter war gut oder schlecht, aber es war niemandes Schuld. Es gehörte keinem. Niemand war als Wetterhalter oder -Inhaber dafür verantwortlich, wenn es zu rechten Zeit regnete oder zur Unzeit schneite. Damit, mit dieser Unschuld, wäre es vorbei, sobald wir absichtsvoll ins Klima und ins Wettergeschehen eingreifen. Was erst eine neutrale Tatsache, dann eine von niemandem gewollte, beiläufige Folge gewesen ist, wird ein von Menschen und ganz konkreten, benennbaren Institutionen zu verantwortendes Geschehen werden. Wetterkatastrophen hat es schon immer gegeben, auch vor dem Beginn des anthropogenen Klimawandels. Katastrophen wie etwa Überschwemmungen, die sich ins kollektive Gedächtnis der Menschheit als Erzählung von einer Sintflut eingebrannt haben. Wer ist in Zukunft, im Zeitalter des Geoengineering, für Ereignisse verantwortlich, die nicht mehr einfach so passieren, sondern die ungewollten Folgen einer versuchten Kontrolle sind? Freilich, das Problem ist ein theoretisches und prinzipielles: das Wettersystem ist chaotisch, kein einzelnes Ereignis, sei es eine Dürre, ein Tornado oder auch nur günstiger Regen zur richtigen Zeit, kann direkt auf eine einzelne Maßnahme zurückgeführt werden. Trotzdem bleibt die Tatsache des Eingriffs bestehen, das Bewußtsein darüber, daß wir eingreifen. Und allein dieses Bewußtsein muß die Auffassung vom Wetter verändern. Das Wetter wird dann nicht mehr gegebene Tatsache sein, nie mehr. Es wird diskussionswürdig werden, zum Streitthema, zum Politikum. Denn sollte es uns gelingen, die übelsten Folgen des Klimawandels abzumildern; sollte es gar gelingen, zu vorindustriellen Temperaturen zurückzukehren: Was wäre denn dann noch normales Wetter? Selbst wenn man eines Tages glauben dürfte, es geschafft zu haben, und beschlösse, nicht mehr ins Wettergeschehen einzugreifen: die Tatsache, daß man es kann, daß man Erfolg hatte mit dem ersten und zweiten Eingriff, macht auch so aus dem Wetter eine Folge menschlicher Entschlüsse, etwas, das das Wetter nie zuvor gewesen ist. Würde man in Zukunft den Entschluß fassen, nicht mehr einzugreifen, wäre jeder Regen, jede Dürre, aber auch jeder durchschnittliche Sonnenschein die Folge eben davon: daß wir nicht eingegriffen haben. Und bliebe also: unser Entschluß. Man kann nie mehr zum Nichtwissen zurück, wenn man mal etwas in Erfahrung gebracht, nie mehr zum Nichtkönnen, wenn man mal etwas gelernt hat. Wir werden lernen, das Klima zu beherrschen und damit indirekt auch das Wetter, und wir können nicht mehr verlernen, wie man das macht. Noch schlimmer: Wir dürfen es auch nicht. Wer das Wetter meistert, ist auch verantwortlich dafür. Wir sollten das nicht akademisch finden, sondern uns jetzt schon Gedanken darüber machen, wie wir mit einem solchen Können umgehen sollen.
Vom Trösten
Im Traum kommt nachts oder spätabends meine Mutter in mein altes Zimmer in Inseldorf. Ich habe schon geschlafen, sie zieht wortlos den Rolladen hoch. Eine fürchterliche Angst befällt mich. Etwas stimmt ganz und gar nicht. Sie verbirgt etwas vor mir. Am Rand nehme ich war, daß das Fensterbrett voller Kakteen ist. Ich flehe meine Mutter an, daß sie mir sagt, was los ist, aber sie schweigt.
Warum habe ich diesen Traum? Und nimmt dieser Traum nicht ein echtes Ereignis auf? Spielt mit einem Erlebnis aus früher Kindheit, als in Wirklichkeit meine Mutter zu mir ins Zimmer kam und (nach meiner vielleicht nicht zuverlässigen Erinnerung) etwas mit dem Vorhang (hatten wir Vorhänge?) machte, ihn beiseite raffte oder erst noch vors Fenster zog? (Als wollte sie mich damit von allem Übel, von allen schlechten Nachrichten bewahren; oder als sollte ich sie genau sehen, um sie beizeiten kennenzulernen?)
Im Traum verschweigt mir meine Mutter, was passiert ist, und daraus erwächst die grauenhafte Angst. Die schlechte Nachricht damals: meine Großmutter väterlicherseits war gestorben. Aber nicht diese Nachricht (ich war noch keine vier Jahre alt und hatte kaum Gelegenheit gehabt, meine Großmutter richtig kennenzulernen) erschreckte mich. Was mir einen eiskalten Schrecken eingab, waren die Tränen meiner Mutter. Es dürfte das erste Mal gewesen sein, daß ich meine Mutter weinen sah, und das war so entsetzlich, daß ich sie damals bat, das Zimmer zu verlassen. An mehr erinnere ich mich nicht. Ob es verletzend für sie war, ob sie darauf noch etwas gesagt hat, mit welchen Gedanken ich wieder eingeschlafen bin, nichts davon weiß ich noch. Der Vorfall ist, soweit ich weiß, nie wieder zur Sprache gekommen, und ich weiß bis heute nicht, was meine Mutter bewogen haben mochte, ihren drei- oder vierjährigen Sohn mitten in der Nacht zu wecken, um dem Kind zu sagen, daß seine Großmutter gestorben sei.
Ich kann diese fast fünfzig Jahre zurückliegende Szene nicht ansprechen, also auch nichts darüber herausfinden. Im Grunde will ich auch gar nicht daran rühren. Ich hätte Angst, daß meine Frage (warum bist du damals ins Kinderzimmer gekommen, um mich zu wecken und mir den Tod meiner Großmutter mitzuteilen?) wie ein Vorwurf klänge. Und ich will nicht ansprechen, wie sehr mich das Weinen meiner Mutter immer bestürzt hat. Weinen überhaupt bestürzt mich und läßt mich schreckenskalt und -starr werden, zum Trösten unfähig. Eigentlich bei allen Menschen, aber besonders habe ich bei meiner Mutter — die selten, sehr selten weint — Weinen schrecklich gefunden. Vielleicht, weil darin die Erkenntnis lag, daß sie, dieser stärkste aller Menschen, wie ich es als Kind empfand, eben auch schwach war, nicht allem gewachsen, selbst des Trostes bedürftig.
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In der Schulzeit fuhren wir Grüppchen Schüler aus unserem Dorf, die in dieselbe Klasse aufs Gymnasium im benachbarten Städtchen gingen, gemeinsam mit dem Fahrrad zur Schule. Einmal waren wir nur zu zweit, H., die Tochter unserer Vermieter, die im selben Haus wohnten, und ich. Etwas Schlimmes war passiert, ich weiß nicht mehr, ob H. es mir erzählte oder ob ich es von anderen wußte, und H. ging es sichtlich schlecht. Ihr Blick war starr und leer, abwesend, kalt wie Münzen, ihre Lippen verpreßt, und die ganze Fahrt über fiel kein Wort. Von ihr keins der Klage, von mir keins des Trostes. Ich wußte, alles war falsch an der Situation, das Schweigen, das Fahren, das Weiterschweigen, das Anhalten und Weiterfahren an einer Kreuzung, und alles andere wäre auch falsch gewesen, das einzige, was richtig gewesen wäre, aber war völlig unmöglich und irrwitzig und unleistbar, es wäre gewesen, schlicht “Halt mal an” zu sagen, abzusteigen und H. wortlos in den Arm zu nehmen, damit sie endlich hätte weinen können. Diesen Schritt zu tun, dachte ich, hätte ich ein ganz anderer Mensch sein müssen, aber es ist auch das andere wahr, daß ich, hätte ich es getan, in diesem Moment ein ganz anderer Mensch geworden wäre.
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Trösten ist schwierig. Aber warum? Weil uns etwas von dem fremden Schmerz trennt, der nicht unserer ist. Mitgefühl ist eine Paradoxie. Es ist ein narratologisches Empfinden, ein Feuern von Spiegelneuronen, eine Phantasie. Selbst wenn wir selbst einmal einen ähnlichen Schmerz empfunden haben, jetzt fühlen wir ihn nicht. Und wenn doch, dann sind wir selbst des Trostes bedürftig.
War meine Mutter des Trostes — meines Trostes — bedürftig? Und was ist mit meinem Vater, dessen Mutter es doch war, die gestorben war? Und wie hätte ich Vierjähriger trösten können? Vielleicht tat ich es, ganz einfach, weil ich da, ihr gemeinsames Kind und am Leben war. Vielleicht mußte meine Mutter deshalb ins Kinderzimmer kommen und mich wecken, um sich des Lebendigen zu vergewissern, für das ich junges Leben stand, ein Unterpfand gegen die Vergänglichkeit, gegen die Negation, gegen die lebensfeindlichen Kräfte. Meine Mutter war damals Anfang zwanzig, und dieser Tod war der erste in ihrem Umfeld, unter ihren Lieben. Ihre eigenen Eltern sollten da noch über fünfzig Jahre leben. Sie hatte den Tod bislang nur als ein Phänomen kennengelernt, das Fremden (ihren Patienten) geschah. Es ist auch gut möglich, daß sie in dem Moment einfach Angst um mich hatte, ihren ersten Sohn (ob mein Bruder da schon geboren war, weiß ich nicht). In jedem Fall muß es ein Knacks gewesen sein, ein Begreifen, ein Erwachen in einer kälteren Welt, das in ihr vielleicht das Bedürfnis nach der schläfrigen Wärme ihres Kindes weckte.
Aequinoctium
Letztes Ruder, wir leeren das Blau aus den Wimpern und Schöpfen.
Was uns der Kranichzug ließ, schreibt uns den Tag auf die Haut.
Alle Wege führen zum selben geschlossenen Zauntor.
Sterne wieviel er auch zählt, gibt sie der See nicht mehr her.
Winde bewohnen das Ufer. Im Bootshaus bechern die Wellen.
Wärme, den klammen Puls, wandelt der Knöchel in Sand.
Regen von weit her, wie die Kunde von fernen Ländern. Ein Aufseufzen des Himmels, der zu dieser Stunde noch dunkel ist. Die Luft bildet eine schwere, zähe Substanz, gegen die sich die Autos mühsam vorwärtskämpfen. Alles ist mühsam, die Anzeige des Weckers muß bei jeder neuen Ziffer überlegen. Das Radio wiederholt nur die Sinfonien von gestern. Der Dunkelheit kaum gewachsen, lassen die Scheiben sich den Rücken vollregnen. Sie schauen nach innen, zu der Lichtinsel mit Schreibzeug und Kaffee. Zu dem eben erwachten Schläfer, der noch mit dem Wirrwarr seiner Träume kämpft.
Unterwegs
Nicht einmal zwanzig Minuten, nachdem die Haustür hinter mir ins Schloß gefallen ist, beginnen die ersten feinen Tropfen zu stäuben, ein Nieseln, das sich in zehn Minuten zu einem ergiebigen Regen steigert. Da ist keine Stelle am Himmel, aus der nicht noch weiterer Regen droht, keine Wolken mehr, das ist der Himmel selbst, der schwer wie ein Schwamm über dem tropfenden Wald hängt. Noch vor ein paar Tagen mit einer Kollegin darüber gesprochen, wie albern es doch sei, mit dem Schirm in der Hand zu wandern. Nun ja.
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Wolkenfetzen hängen in den Tälern fest, die Straßen schwimmen, Absperrungen über Bächen sehen aus wie Bojen. Um nicht verrückt zu werden an dem Getröpfel, dem Gluckern, Rauschen, Plätschern, sage ich mir Gedichte vor, das lenkt ein wenig ab vom Zorn, den ich einfach nicht beherrscht kriege. Regen macht mich wahnsinnig, Regen macht mich selbst dann wahnsinnig, wenn ich im Trockenen sitze und zum Fenster hinausschaue, auch wenn ich nicht mehr raus muß, ich empfinde nicht einmal Erleichterung bei Regen nach einer Trockenperiode, er tröpfelt mir ins Hirn, selbst die Gedanken durchweichen wie Zeitungspapier. Das feuchte Echo ferner Autofahrten, die Fäden vor der verquollenen Hausfassade, das vergebliche Auf und Ab der Scheibenwischer, das Blinzeln der Pfützen, die zuckenden Blätter, die tristen Bäche, wie sie gerippt die Straße hinunterwallen — das alles ist zutiefst trostlos, niederschmetternd und entwürdigend, dem ganzen menschlichen Dasein Feind.
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Ein Regenschirm hält nur so lange den Regen ab, bis sich ein Gleichgewicht zwischen auftreffendem und vom Rand herabtropfendem Wasser einstellt — ab da wird alles naß, was sich zu nah an den Rand des Schirms bewegt, und bei einem Knirps ist das zwangsläufig irgendein Teil der Person, die darunter steht. In meinem Fall der Rucksack, der erwartungsgemäß durchnäßt wird.
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Unter den trostlosen Orten der Welt nehmen Unterführungen zweifellos einen Ehrenplatz ein. Fraglich ist, warum gerade die Ein- und Ausfahrten solcher Tunnel dazu einladen, Unrat zu deponieren. Einwegbecher, Burgerschachteln, Plastiktüten, Toilettenpapier, Plastikflaschen, Damenbinden, man könnte alleine aus den archäologischen oder kriminalistischen Horizonten von Unterführungen ein detailliertes Bild unserer Zivilisation rekonstruieren. (Mißverständnis späterer Archäologen: “Damit sie die Reisenden vor Unfällen bewahre, wollten die Menschen damals wahrscheinlich eine Gottheit gnädig stimmen, indem sie ihr vom Fahrzeug aus Getränke spendeten.”
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Auch ein Opfer der Unterführung ist das Eichhörnchen gewesen, dessen durchnäßter Kadaver einige Meter vom Tunnelausgang auf der Straße liegt, um die Längsachse verdreht, das Maul nach oben, zum Regen und den Wolken gewandt, ein schmutziger Feudel mit Schwanz und Zähnen. In diesem Momenten hört der Regen auf, es wird heller über der Straße.
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Was bringt es, Kränze niederzulegen, Kerzen anzuzünden, eine Gedenkstätte mit Aufrufen zum Frieden zu behängen? Mich machen solche Bekundungen immer ratlos. An wen richten sich diese Friedensappelle an der KZ-Gedenkstätte Wuppertal-Kemna, wo der Waldweg auf die Schnellstraße stößt, halb im Wald, wer ist ihr Adressat, was sollen sie bewirken? Ich habe auch damals die Geste nicht verstanden, als nach den Anschlägen aufs WTC völlig unbeteiligte Menschen auf der anderen Seite des Globus Kerzen ins Fenster stellten. Was wollten sie damit bewirken? Ich habe es nicht nur nicht verstanden, ich fand es nachgerade anmaßend, die wohlige Usurpation fremden Schmerzes. Vielleicht richten sie sich am ehesten an die ausführende Person selbst, erfüllen ihre Funktion schon im Akt der Anbringung. Sind Meditation. Übung. Ritus. Oder auch der Versuch, die Gottheit zu besänftigen, irgendein Numen gnädig zu stimmen, das doch bitte ein Einsehen haben soll mit den Torheiten der Menschen. Wenn schon die Menschen kein Einsehen haben mit ihren eigenen Torheiten.
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Geschwollene Muskeln der Bäche. Ich arbeite mich hinauf zu den Quellen, werde im Lauf des Wegs die Wasserscheiden mehrerer Täler überqueren. Oben freie Sicht in die Landschaften der Wolken, ringsum hat der Himmel zahlreiche Türme, Sender, Wasserspeicher auf die Hügel gesetzt, Wolkenfetzen kringeln sich darum. Vertrautes hat sich als Ferne verkleidet, gespenstisch, wie ein vertrauter Mensch, den man vergebens anfleht, wieder aus der Rolle zu fallen, Wege, die ich heute erst gegangen bin, haben sich abgewendet und ziehen unbekannt davon. Keine Pause, nur einmal Atem holen, dann fängt es schon wieder an zu nieseln.
Fenster auf, aber die Luft, die einströmt, ist so warm wie die, die hier übernachtet hat. Das Dunkel nippt von meinem Kaffee mit, im Radio verbeugt sich eine Geige, ehe sie stirbt, die Straßenlaternen harren aus, die Autowege legen den Gläubigen den Morgen aus. Noch eine Woche Sommer, der sich an den letzten Zahlen des Monats festklammert.
Meles meles
Rehe kenne ich am Geräusch, Wildschweine vergißt man nie wieder, wenn man sie einmal gehört hat, Amseln und Tauben rascheln bei der Futtersuche manchmal so laut, daß man meint, gleich einem Grüffelo zu begegnen, aber weder Amsel noch Taube picken nachts im Laub. Also, was ist das, das sich da, zu zweit, zu dritt, raschelnd dem Zelt nähert? Über Füchse weiß ich nichts, jedenfalls nichts Akustisches, Wölfe habe ich nicht einmal gesehen, Luchse oder andere Katzen gibt es in dieser Gegend nicht. Waschbären? Gibt es angeblich überall. — Raschel, raschel, ein Igel? Aber Igel rascheln nicht nur, Igel röcheln und räuspern und haben eigentlich immer Asthma. Was sich da nähert, langsam, weder vorsichtig noch neugierig sondern unabsichtlich, mit anderem beschäftigt, gibt außer dem Rascheln keinen Laut von sich. Trotz diesem Desinteresse an meinem Schlafplatz habe ich ein wenig Sorge. Von Füchsen ist bekannt, daß sie Schuhe klauen, und einmal habe ich erlebt, daß ein Fuchs, von mir im Schlaf unbemerkt, das vor dem Zelt liegende Kochgeschirr vom Abend erst abgeleckt und dann, na ja, markiert hat. (Nicht unangenehm, der Duft, aber trotzdem, in meinen Schuhen möchte ich das lieber nicht.) Raschel, raschel, raschel, geht es während dieser Überlegungen draußen weiter. Ich klatsche in die Hände, räuspere mich: raschel, raschel. Ich drehe mich auf der knarrenden Luftmatratze um: raschel, raschel. Endlich taste ich nach der Stirnlampe, öffne das Zelt (raschel, raschel), strecke den Kopf heraus und richte die Lampe auf die Stelle, aus der das Rascheln kommt. Licht an! — Ich erschrecke. Nicht so, was da geraschelt hat, unbekümmert wühlen die beiden schlanken, etwa vierzig bis fünfzig Zentimeter messenden Leiber im Laub und scheren sich keinen Deut darum, daß sie gerade im Rampenlicht stehen. Dabei haben sie nachttaugliche Augen, das Tapetum lucidum schimmert im Lampenlicht, als hätte jemand seinen Schmuck verloren. Aber gleich, was sie mit ihren nachttauglichen Augen sonst noch sehen, das Licht und der Mensch, von dem es herstammt, interessiert sie nicht. Und so kann ich sie in aller Ruhe beobachten. Entgegen der landläufigen Auffassung sind sie nicht plump, im Gegenteil, sie sind agil, flink, machen sogar kleine Sprünge, man könnte, was sie da tun, ausgelassen nennen. Schnauze am Boden, wühlen sie wie kleine Schweine die Laubschicht auf. Sie haben einen fransigen Stummelschwanz und, daran verraten sie sich endlich, die typische Panzerknacker-Gesichtsmaske. Ich nicke zufrieden, kehre ins Zelt zurück und lasse sie weiterrascheln. — Doch am Morgen scheint, wovon ich in der Nacht überzeugt gewesen sein wollte, zweifelhaft. Panzerknackermaske, was ist denn das für ein Merkmal, und haben nicht auch Waschbären so eine? Und so bin ich in der Frühe, schon in Hemd und Schuhen, gar nicht mehr so sicher, ob es wirklich ein Dachs ist, was ich da als letzten Nachzügler der nächtliche Gruppe in der Dämmerung davonhuschen sehe.
Felssporn
Bei Kathleen Jamie von einem rätselhaften Bauwerk an der schottischen Küste gelesen: auf einem Felssporn thronend, der über einen schmalen Landsteg mit dem Ufer Verbindung hat, ist das Hüttchen, das sich schon zur Seite neigt, bereit, demnächst zusammen- und von der Felsnadel zu fallen, nur auf dem Wege einer Kletterei zu erreichen. Von wann stammt dieses Bauwerk, wer hat es erbaut, zu welchem Zweck? Eine Einsiedelei? Ein Ausguck, spinne ich die Vermutungen weiter, ein … Kerker? Eine Bestrafung? Ort der Einlösung eines Gelübdes? Ein Heiligtum? Ein Observatorium? Ich stelle mir den Ort vor, das Innere der dreieinhalb Wände, den zugigen Stein, die Taubheit des Windschattens, das Kreischen von Seevögeln im anderen Ohr. Die Brandung überall nah, von den Steilwänden der Küste hallend, als säße man im Brennpunkt einer Satellitenschüssel. Obschon auf einer Felsnadel hockend, befindet das Hüttchen doch unter dem Niveau des Landes; freie Sicht gibt es nur zum Meer hin. Wolkenspiele wie Romane des Himmels. Außer Sicht bleiben die Straßen, die Fahrzeuge, die Schafe, Zäune und Mauern des Landes. Das Land wird zu einer seltsamen Sphäre, was dort passiert, zu etwas Unverständlichem, Bizarrem. Nur ganz selten erscheint überm Klippenkamm die Gestalt einer Kuh oder eines Schafs; dann starrt das Bizarre des Landes zurück und staunt über das Rätsel auf dem Felssporn.
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Ich stelle mir ein Leben auf diesem Felssporn vor. Die Einsamkeit, an Land ein kostbares Gut, hier wäre sie ein unbegrenzter Reichtum. Sie wäre so reichlich vorhanden, daß die Zeit sie nicht fassen, daß die Zeit von ihr überfließen würde. Ein Tag wäre ein zu enges Gefäß für einen Tag. Irgendwann entvölkerte die Einsamkeit selbst die Träume, verschwänden aus den Nächten Gestalten, Menschen, Meinungen, Absichten. Blieben die Gedanken leer, und an die Stelle der Vorstellungen von Gesichtern, an die Stelle der Wörter, an die Stelle von Zusammenhängen und logischen Schlüssen, an die Stelle von Vermutungen, Hoffnungen, Erwartungen träten Himmel, Wolken und Vögel, wie sie vor allen Benennungen einmal waren. Die Welt käme langsam wieder zu sich selbst zurück, nachdem sie die Hüllen und Klammern der Sprache abgestreift hätte, würde sich langsam von ihrer Enge erholen, holte Luft, schöpfte Atem, wie die Vögel und die Wolken Atem holen, der Wind. Wo die Sprache endete, finge wieder die Welt an zu sein.
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Irgendwann würde man selbst zu Stein. Wo die Sprache endete, verlöre auch das von Gedanken und Formulierungen gehaltene Selbst seine Begrenzungen. Es träte über in die Welt und ginge auf in ihr. Es würde Wind werden und das Spiel von Licht auf den Wellen. Es würde nicht mehr denken, es würde nicht mehr gedacht. Es würde nichts weiter von ihm bleiben als die Linie, die der Schatten einer Möwe über die die Klippe gezeichnet hat, bevor sie über den Horizont verschwand.
Morgens
Liegen, erschöpft. Aufgewacht in einem Morgen, der viel zu groß ist, groß wie ein Kleid, das nicht paßt, aus dem du herausfällst. Alleine: Der Platz neben dir ist leer, die Decke zerknüllt und vom Fortgehen halb zurückgeschlagen. Die Zimmertür geschlossen. Würde sie können, sie ginge auch fort. Das Fenster seinerseits strebt mit seinen Flügeln nach draußen. Draußen gehen Schritte vorbei. Sie haben ihren Platz im Morgen, den du nicht hast. Es ist, als wäre dir etwas aus der Hand gerutscht. Nur ist es nicht die Hand, die danach fassen will, du bist es ganz. Du weißt nicht, was es ist, das du verfehlst, nur, daß es wichtig war. Du müßtest aufstehen, aber der Morgen ist so groß, er wird dich verschlucken, sobald du den Fuß auf den Grund setzt. Liegenbleiben kannst du aber auch nicht, und der Schlaf ist eine ferne, scharf gezogene Uferlinie. Der Himmel, ein wolkenloses Urteil. Freigesprochen: die Vögel. Die Stille kommt aus der Küche im Erdgeschoß heraufgeschlichen, um dich zu belauschen.
Martial 1,25
Gib doch endlich, Faustinus, die Bücher heraus deiner Feder!
Aus der gelehrsamen Brust fördre zutage das Werk,
das selbst das feine Athen mit Recht nicht verreißen wird können,
noch Roms greise Kritik stillschweigend mag übersehn.
Fama steht vor der Tür, und du scheust dich, hinein sie zu bitten?
Warum verdrießt’s dich, der Müh’ Frucht auch zu bringen nach Haus?
Zwar Papier ist geduldig. Doch magst auch siegreich im Werk du
weiterleben, vom Ruhm wirst du nichts hören im Grab.
Ede tuos tandem populo, Faustine, libellos
et cultum docto pectore profer opus,
quod nec Cecropiae damnent Pandionis arces
nec sileant nostri praetereantque senes.
Ante fores stantem dubitas admittere Famam
teque piget curae praemia ferre tuae?
Post te uicturae per te quoque uiuere chartae
incipiant: cineri gloria sera uenit.
Unsichtbar
Ich sitze auf dem Baumstumpf, wo ich immer sitze, und trinke mein Bier in der rasch anziehenden Abendkälte. Der Wald ist noch winterkahl, hell, die Bäume stehen weit und einzeln. Nur das alte Laub ist lebendig, läßt sich von einem kaum merklichen Windhauch reizen. Es klingt wie der Tritt von Tieren, aber mein Ohr läßt sich längst nicht mehr ins Bockshorn jagen. Ich muß mehrere Äste von dem Plateau entfernen, die der Wind aus den naiven Pfadfinderlagern herausgebrochen und wie Knochen über den Grund verstreut hat. Um den Platz stehen Eichen, die Äste verkrampft zum Himmel gereckt. Im vergangenen Winter ist ein mehrere Meter langer Ast abgebrochen und hängt jetzt in der Gabel eines jüngeren Baums. Jedesmal scheint der Ort, wenn ich ihn nach Wochen oder Monaten wieder aufsuche, verändert, umgebaut, nach neuen Richtungen offen. Aber wie sehr ich mich auch strecke und den Winkel wechsle, den auf der Karte verzeichneten Hochstand habe ich noch nie gesehen, sehe ich auch diesmal nicht. Also bin ich doch wohl auch unsichtbar? Für wen auch immer: Noch sind Stimmen im Wald. Der behelmte Kopf eines Fahrradfahrers erscheint und schwebt an meinem Platz über dem Sichtschutz des Unterholzes vorbei. Erschreckend nahe, aber ich weiß, daß sich vom Weg aus der Blick sofort im Unterholz verliert, daß es unmöglich ist, den Fleck, wo ich gleich das Tarp aufspannen werde, zu identifizieren. Man muß nur in die Hocke gehen, schon ist man nicht mehr Teil der wohnenden Welt. Auf dem Hinweg hat noch eine Spaziergängerin wenige Schritte von dem versteckte Pfad entfernt meinen Weg gekreuzt; ein anderer ist zweihundert Meter voraus gegangen. Keiner hat mich bemerkt, wie ich ins Gebüsch geschlüpft bin. Jetzt schieben sich Stimmen heran, heran und vorbei. Menschen kehren heim, für die der Wald sich in ihrem Rücken voller Fremdheit schließt, wo er mich schützend aufgenommen hat. Dann bin ich allein, der letzte. Bis Mitternacht werde ich schlafen, ehe mich die Kälte weckt, bis ein Uhr weiterdämmern, dann aufgeben und durch die Vollmondnacht nach Hause wandern. Jetzt aber geht erst einmal der Mond auf und malt Fensterquadrate auf den Grund. Die Stimmen sind verhallt. Fern, im Ort, schlägt eine Kirchturmuhr acht. Das Laub krabbelt über den Grund. Ein Käuzchen ruft.
Frohe Ostern
Unterwegs
Wie ein Mensch langsam sichtbar wird, wie die Gestalt des Mädchens, die doch schon zuvor, bevor ich sie ansprach, weil sie auf meinem reservierten Platz gesessen hat (ihr Kopfnicken wissend, einverstanden, als hätte sie schon darauf gewartet, und zwar auf mich, als hätte sie nicht irgendeinen Fahrgast sondern diesen erwartet), vollständig gewesen ist, erst nach und nach sich zusammenfügt, als hätten die einzelnen Aspekte ihrer Erscheinung, erschreckt von meinem Auftreten, bis auf das Elementarste der Silhouette, der Figur, des Blicks, erschrocken das Weite gesucht, um erst in der Dauer der Zugfahrt von Köln nach Mannheim wieder zu der Form zurückzukehren. Ich mustere verstohlen die mir Gegenübersitzende, nachdem ich mich, schmollend, weil der Zug so voll ist, bis hinter Bonn in mein Buch vergraben habe (auch ich fortgescheucht, aber an einen inneren Ort, von dem ich nun langsam zurückkehre, um das Mädchen zu betrachten), korrigiere erst meinen flüchtigen Eindruck von vorhin auf älter, dann wieder zurück auf jung, als ich begreife, daß sie die Stirn in Falten legt, wenn sie etwas Aufmerksamkeit schenkt, und daß diese gespannte Grimasse ihr Gesicht älter erscheinen läßt. Älter oder jünger, ich komme zu dem Schluß, daß sie schön ist, auf eine sanfte, verletzliche, zweimaliges Hinschauen erfordernde Art, wie eine Illustration in einem alten Märchenbuch. Rotbraunes Haar, braune Augen. Bis sie endlich etwas ißt (einen Apfel, in den sie krachend beißt, was zu ihrer weichen, fließenden Erscheinung einen seltsamen Widerspruch bildet), bis sie also für kurze Zeit die untere Gesichtshälfte entblößt, rätsele ich herum, wie ihr Mund aussehen mag. Größer als erwartet (aber habe ich wirklich etwas erwartet? Solche Enthüllungen sind eigentlich immer gegen jede Erwartung, was so gut ist wie zu sagen, es gab keine Erwartung, mit der man den überraschenden Eindruck vergleichen könnte), ihre Lippen sind voll, die Mundpartie wirkt wie ein süßes Tier, das man plötzlich in einem leergeglaubten Terrarium findet, nicht nur äußerlich, sondern auch in seiner Schüchternheit, seiner Einfalt fast, seiner Selbstverlorenheit. Ehrlich wie ein Kind, und wie ein Kind leicht zu entrüsten, leicht zu verwundern. Mit ihrem Begleiter, einem Jungen, spricht sie in einer seltsamen Sprache, irgendwas Germanisches, der Zug fährt nach Zürich, ist es eine schweizerische Mundart? Später fällt mir auf, daß aus dem Mund des Mädchens dieses Idiom sich wie eine Fremdsprache anhört, mit deutscher Lautung, das r hinten in der Kehle, die Endkonsonanten stimmlos und scharf aspiriert, wie es nur Sprecher des Deutschen hinkriegen; irgendwann fällt ein Wort, eine Phrase, upstaan oder opstaan, ek denk, om dat ek, die mir das Idiom als Niederländisch kenntlich macht. Auch das Zögern, mit dem sie manchmal nach Worten sucht, läßt erkennen, daß sie eine Fremdsprache spricht. Manchmal scheint sie das Niederländische mit deutschen Phrasen zu vermengen, als würde sie gleich in die ihr vertrautere Sprache zurückfallen. Sie sprechen, soviel läßt sich erraten, über die Fahrt, mehrmals kommt der Name der Stadt Köln vor. Das Mädchen ist zerstreut, macht einen Denkfehler, korrigiert sich: Achso, von Köln! Ich vermute, sie hat sich Sorgen gemacht, ihr Platz mir schräg gegenüber könnte auch noch von jemandem mit Reservierung beansprucht werden. Dann wird ihr aufgegangen sein, daß der Platz ab Köln reserviert war, drei Stationen zurück, da wird jetzt keiner mehr kommen. Der Junge sagt etwas, das wie ein belustigtes Ach, Marijkje klingt. Habe ich das richtig gehört, ist das ihr Name? Wie passend für ein Mädchen, das Niederländisch spricht. Zwischen Mainz und Mannheim fragt sie den Jungen, wo sich die Toilette befindet, und der Junge zeigt die Richtung. Sie steht auf, bleibt eine Weile weg. Ich nehme mir vor, ihre aufrechte Gestalt nicht zu beobachten, versuche, mich ins Buch zu vertiefen, will den Blick nicht heben, hebe den Blick, und in genau dem Moment kommt sie zurück. Im Gehen sieht sie noch schmaler aus als im Sitzen, mit den zusammengeklappten, sortierten Gliedern. Ihre Schlankheit grenzt an Magerkeit, ich frage mich, ob sie eine Eßstörung hat, dem äußeren Eindruck nach, dieser Verletzlichkeit nach, die sie ausstrahlt, ist sie der Typ dafür. Als sie sich wieder gesetzt hat, fallen mir ihre langen Fingernägel auf, schade, weniger künstlich-kunstvoll als vernachlässigt, sind sie an den schlanken, anmutigen Händen (Märchenhände, auch sie) fehl am Platz. (Passend wären allerdings bis aufs Blut abgenagte.) Auf dem Handrücken hat sie einen Schriftzug, wie es Leute tun, die sich etwas auf die Hand schreiben, das sie nicht vergessen wollen (auch dazu ist sie der Typ), ich versuche, es zu entziffern, aber, P. bgdiseren oder so ähnlich, ich werde nicht schlau daraus. Sie kämmt mit den Fingern Strähne für Strähne, die sie sich über die Schulter gelegt hat, ihr Haar und nimmt eine Unterhaltung mit dem Jungen auf. Es fällt das Wort Irritacie (Irritatie?), mehrmals, een leichte irritatie, dann irgendwas, das mich an einen Arztbesuch denken läßt, und schließlich sagt sie lebhaft etwas, das klingt wie soll ich jetzt etwa ein Jahr warten?, worauf der Junge beschwichtigend die Hand hebt. Der Gedanke kommt mir, ob das Mädchen krank, ob die zwei vielleicht auf der Reise zu einem Spezialisten in der Schweiz sind. Einmal reicht sie ihre Hand — die mit dem Schriftzug — zu dem Jungen hinüber, der sie nimmt, einen Moment hält und streichelt. Ihre Hand ist schmal, sie sieht aus, als könnte sie dem Mädchen jederzeit verloren gehen. —
(Dezember 2021)
Wenn wir es schon so etwas Simples nicht hinkriegen, wie eine Uhrumstellung einfach bleiben zu lassen — die Sommerzeit kann exemplarisch für das Unvermögen der Menschheit stehen, aus schädlichen Erzählungen wieder herauszufinden.
Jeden Tag beginnen, als beträte man als ungebetener Gast ein fremdes Haus.
Aequinoctium
März und kein Dach. Die Bilder hängen im Freien, auf Koffern
hocken die Winde. Kein Ort, Zeit, wo du wärest zu Haus.
Ich sammle Tage an, an die ich nicht gerne zurückdenken werde.