Es sprang mir in den Blick, kaum daß ich den Weg hinauf um die Mauer bog. Weil ich es erst sehen konnte, als ich unmittelbar davor anlangte, erschrak ich bis ins Mark.
Der ganze Umkreis hatte sich abgewendet von diesem Tod, so allein lag es da, massiv, riesig, im Tode größer als lebendig je ein Reh gewesen ist. Ein Aufschrei aus Fleisch und Fell. Die Straße schien sich wegzukrümmen, die Mauer zurückzuweichen. Selbst die Schatten hielten es nicht aus in seiner Nähe, waren alle geflohen, hockten schnatternd in den Büschen überm Weg. Gleichmütig nur der Schnee, auf dem das Tier lag, wie zur Ruhe hingebreitet, die Beine ausgestreckt, kein sichtbares Zeichen von Gewalt am Leib. Die Zunge war seitwärts aus dem offenen Maul geglitten; grau und gewunden, schien sie viel zu groß für die schmale Schnauze. Es sah aus, als lecke das Tier am Eis, als wolle es sich nur eben erfrischen, ehe es aufspränge, sich schüttelte, davonliefe und wieder lebendig wäre.
Es war noch nicht lange tot. Die Augen glänzten noch, die Hornhaut war noch nicht eingetrocknet, Winterlicht spiegelte sich darin, eine Welt in schwarzem Glas. Als ich vorbeilief, verdunkelte mein Schatten einen Moment diesen leblosen Blick, und da war es kurz, als wolle das Tier überrascht den Kopf heben. Vielleicht hätte es das auch getan; nur zwang es meine Gegenwart, still liegenzubleiben. Doch jeden Moment würde es aufspringen, gleich, sobald ich vorüber wäre, ich, dessen Blick es verdammte zum Totsein.
Eine … markerschütternde Vorstellung, daß etwas tot nur liegenbleibt, weil da jemand ist, der es tot sieht.
Ob das im Sommer anders gewirkt hätte?
Die unerwartete Konfrontation mit so einem Anblick kann einen schon verstören. Du hast deine Verstörung gut in Worte gefasst.