Atmen des Schnees, der sich selbst erblickt in den Schatten der Vögel,
wo, wie aus Träumen der Schlaf, Stille aus Stille sich kennt.
Schlagwort: Winter
Golberg, 11. Februar 2017
Nachts hat es geschneit.
Platzsparend voreinandergerollte Kulissen die Hügel, wo sich der Wald zu Reihen aus gestaffeltem Grau öffnet. Der Himmel so tief, daß sich die Gipfel, die Bäume, Häuser und Strommasten ducken müssen. Die Ferne läuft nur ein Stück voraus und kehrt, bleich geworden, wieder um. Nichts wirft einen Schatten, als sei der Grund zu weit weg, um darauf zu stehen. Alles ist leicht, die Mauern hohl, Scheunen aus Papier. Nur Bäche haben ein schwarzes Gewicht, sie ziehen an den Dingen, die von ihnen fortstreben. Krähen steigen aus einem kahlen Baum auf. Schnee bröselt von einer Birke, als habe ein Tier den Ast gestreift. Alles, was Blicke hat, schaut woanders hin. Fehlen nur noch heimkehrende Jäger.
Das letzte Haus vorm Wald, ein Schneehaufen markiert das Schaufelende des Räumfahrzeugs, danach fängt ein Weg an, den nur sparsam Tierspuren kreuzen. Als erster Mensch auf dem Weg, ein Stückchen weit. Es tut beinahe weh, auf die frische Schneedecke zu treten, die perfekte, mühelose Makellosigkeit mit der schnaufenden, rotzenden, behelfsmäßigen Trivialität der Sohlen zunichte zu machen. Andere menschliche Spuren sind eine Erleichterung, dort kann man gehen, dort war schon jemand, dort ist die Welt gedeutet und aufgebrochen. Wie ein Kuchen, den endlich jemand angeschnitten hat.
Ein Ort, von dem aus man die Straße hört. Kurze Blickräume zur nächsten Reihe Fichten, dahinter löst sich jede Erwartung von Sicht ins Annähern und Entfernen von Geräusch auf. Sägen oder Hundegebell, es ist nicht zu unterscheiden. Die Umwelt ist lauter als sie sichtbar ist. Meisen rufen wie von hinter den Kulissen, und ein ganz unbekannter Vogel. Der Schnee auf der Bank: unberührt. Eine Birke hüllt sich in Fetzen vergilbter Tapete.
Und dann, weniger sichtbar als fühlbar an der plötzlichen Abtönung einer Rauchschwinge über einem Wohnhaus, an der Vertiefung des Reliefs, das die Körnung auf unberührten Schneedecken bildet, an einer Auflockerung des nassen Straßenglanzes: die Sonne. Noch kein Himmelskörper, nur ein Erstarken von Flächen und Kontrasten, in dem die Verlängerungen von Wegen und Hügelachsen transparent werden, und die Bäume in perspektivisches Zucken geraten. Der Schnee schmilzt, man hört es an den Geräuschen, sie werden härter, sie isolieren sich voneinander, auch zwischen ihnen wird es heller.
Plötzlich Stimmen. Blickauf, hineingekleckst in die schwarzweiße Welt des Waldes wie Anstriche in einem Schulbuch, farbige Jacken, Mützen, Hosen. Ein Trupp Wannderer zieht vorüber, soldatisch stramm, dabei immer redend, redend, eifrig und alle auf einmal, als müßten sie alles, was irgendwo schon einmal gesagt worden ist, unbedingt noch einmal sagen. Sie verschwinden zwischen den Bäumen, die Stimmen verstreuen sich im Wald. Einen Moment später ist die Kreuzung voller Spuren, die niemandem mehr gehören. Doch noch heimkehrende Jäger, könnte man denken, aber nein, sie haben nicht woanders hingeschaut.
Noch einmal Neujahr
.
Ein Gang über winterliche Gefilde, wir zählen zwei und zwei die fünf Bäche zusammen.
Ehe sie sich vereinigen, unterirdisch, unbeobachtet in conspirativen Kanälen, aus denen die feuchte Kälte rauscht.
Gebäude stellen die Topologie voll. Es ist schwierig, den Überblick zu behalten.
Wir behalten ihn. Wir krempeln dem Talgrund den Ärmel auf. Landschaft, an den Häusern vorbeigeschmuggelt. Ich mag es, deinen Augen zuzusehen, wenn wir vom Wandern sprechen.
Ein weggeworfenes Mühlrad neben der alten Mühle, mahlt Schnee mit schwarzen Schaufeln. Eine Fremde tritt auf den Weg zur Mühle, sieht sich um, stumm, wir grüßen auch nicht. So stehen wir jedes für sich vor der Vergangenheit, die für alle gleich ist.
Der Mühlteich verlandet; Wasserpflanzen stoßen ans Eis, wie Lippen von Kindern, die eine Fensterscheibe küssen.
Noch eine neue Schicht Weg übern Weg gelegt. Eine tröstliche, neue Schicht, noch einmal Feiertagskerzen in den Fenstern.
Der Schnee wie frische Farbe in den Zimmern eines neu zu beziehenden Hauses. Zu Hause in der Welt, wieder zu Hause da, das wär was.
Überall schon die Meisen, als hingen die Bäume voller Fahrradklingeln.
„Was hast du für kalte Hände!“, sagst du, und dann ist es wirklich Zeit, nach Hause zu gehen.
Solstitium
Krähen sahen uns schon, noch fern von dem Grübeln der Häuser.
Trugen die Kunde von uns fort zu der lauernden Stadt.
Listig wie altes Geschwätz stieg langsam die Nacht aus den Steinen.
Heimat war nirgends. Vom Turm schrieen die Glocken uns aus.
Solstitium
Unmerklich dreht sich das Jahr in den Angeln der uralten Sterne.
Während wir stolpern am Hang, werfen die Steine mit Nacht.
Frettchen
An diesem Morgen läuteten die Glocken Sturm. Sturm war in der Welt, Feuer, Mord, Brand, Tod und Verderben. Blut, Blut, Blut, schrien die Glocken, Mord schrieben die Felder ins Licht, Tod bezeugte der Weg, Blut, jammerte der Wind, der das Fell aufzittern ließ, als sei das Leben darunter noch warm und sträube, wehre, plustere sich noch trotzig gegen die Kälte. Denn es hatte aufgehört zu regnen, und anstelle des milden, nassen Wetters war trockener Frost übers Land gefallen, der die Pfützen zu nadelscharfen Mustern zusammenzog, hellen Staub über die Bäume hängte und die Sonne auf den entsetzten Schollen festfrieren ließ.
Das Fell sah ich zuerst, Flausch und Bausch eines in der Brise sanft wedelnden graubraunen Pelzes; dann eine Kralle, die aus dem Bausch herausragte und zu einem Vorderlauf gehörte; und dann, noch bevor sich in einem nächsten, schon panischen Blick der Fellhügel aus weiteren drei Läufen und einem ängtslich schmalen, viel zu mageren Rumpf zu einem ausgestreckten Tierkörper vervollständigte, sah ich das Blut, und die spitze Schnauze mit den scharfen Zähnchen im halboffenen Maul, wo das Blut ausgetreten war und das Fell zu dunklen Strähnen verklumpt hatte. Maul, Zahn und Blut: Als habe das Tier kräftig zugebissen und sich mit dem Blut der gerrissenen Beute besudelt. Doch war es kein Beutetier, sondern der eigene Tod gewesen, dem das Wiesel auf dem Feldweg begegnet war, und das Blut, das ihm noch frisch und von leuchtendem Rot die Schnauze verschmierte, war sein eigenes, aus seinem Inneren hervorgeqollen, aus einer Verletzung, die auf den ersten Blick nicht zu erkennen war. So lag es, alle Viere von sich gestreckt, auf dem Rücken, steif und kalt unter dem flatternden Pelz, der nicht mehr wärmte, die Augen abgewandt, zur Erde, den Blick festgefroren im Asphalt der Straße.
Die Glocken verstummten, ein Echo der letzten Schläge verschwebte überm Feld. Ich löste den Blick von dem Kadaver. Ein gelber Müllwagen kroch in einer Falte des Geländes unter mir herauf. Ich beachtete ihn nicht, ging weiter, eine Pfütze knirschte, ich taumelte ein wenig, ging, reckte mich und ging, und drehte mich auch nicht um, als das Fahrzeug hinter mir herannahte und in einiger Entfernung zum Halten kam, und auch, als ich erst die Tür aufgehen hörte, dann den Sprung aus der Kabine, Klappern von Metall, ging ich stracks weiter, während es hinter mir ratschte von Schaufel und Eimer, und ein dumpfes Plumpsen zu hören war. Erst auf dem Hügelkamm schaute ich zurück, da grinste die Kurve, als wäre nichts geschehen. Die Felder bleckten Eis. Die Glocken schwiegen.
Es sprang mir in den Blick, kaum daß ich den Weg hinauf um die Mauer bog. Weil ich es erst sehen konnte, als ich unmittelbar davor anlangte, erschrak ich bis ins Mark.
Der ganze Umkreis hatte sich abgewendet von diesem Tod, so allein lag es da, massiv, riesig, im Tode größer als lebendig je ein Reh gewesen ist. Ein Aufschrei aus Fleisch und Fell. Die Straße schien sich wegzukrümmen, die Mauer zurückzuweichen. Selbst die Schatten hielten es nicht aus in seiner Nähe, waren alle geflohen, hockten schnatternd in den Büschen überm Weg. Gleichmütig nur der Schnee, auf dem das Tier lag, wie zur Ruhe hingebreitet, die Beine ausgestreckt, kein sichtbares Zeichen von Gewalt am Leib. Die Zunge war seitwärts aus dem offenen Maul geglitten; grau und gewunden, schien sie viel zu groß für die schmale Schnauze. Es sah aus, als lecke das Tier am Eis, als wolle es sich nur eben erfrischen, ehe es aufspränge, sich schüttelte, davonliefe und wieder lebendig wäre.
Es war noch nicht lange tot. Die Augen glänzten noch, die Hornhaut war noch nicht eingetrocknet, Winterlicht spiegelte sich darin, eine Welt in schwarzem Glas. Als ich vorbeilief, verdunkelte mein Schatten einen Moment diesen leblosen Blick, und da war es kurz, als wolle das Tier überrascht den Kopf heben. Vielleicht hätte es das auch getan; nur zwang es meine Gegenwart, still liegenzubleiben. Doch jeden Moment würde es aufspringen, gleich, sobald ich vorüber wäre, ich, dessen Blick es verdammte zum Totsein.
Schnee
Buchsbaum und Weißdorn ziehen
ihre Schlingen um die Gehöfte zu.
Die Eichen haben ihre Netze ausgeworfen.
Rabe um Rabe fischen sie aus dem Horizont.
Äcker brennen weiße Furchen
in den Blick. Vor den Schlittenkufen
laufen alle Wege davon.
In den Kohleaugen des Schneemanns
baut sich der Abend ein Nest.
Wenn die Kinder fort sind,
zieht sich der Wetterhahn
leise den Himmel über den Kopf.
Bis zu den Wimpern
steigt der Schnee.
Wenn es ganz dunkel ist,
wird es warm sein
hinter den Lidern.
Fund
Flauschbausch
Widertonmoos
wo man vom widertonmoos spricht,
vor wonne frieren.
die ferne nach ihren farben
befragen über der einsamen lärche.
mit klammen lippen
atemwegen folgen, im
glücksgefröstel das hemd
hochschieben, ganz
über alle wipfel, daß
warme haut bis zum rhein reicht.
zwischen strom und stromern die wege
in küssen messen und die küsse danach
wie weit sie wohl tragen
(je süßer desto weniger)
Solstitium
Bis an die Farbe des Wegs, und zum Monat mit Tagen und Talern,
schmeckt es nach Aufbruch. Am Eis, längs eines Saumpfads am Sturm,
wächst eine Stunde sich fest. Wo grad ein Läuten noch fortrief,
halten die Jahre jetzt an, halten die Grenze zum Wort.
SOLSTITIVM
Zahlen brachten den Schnee, geräumige Nummern, die Tage
Letzte Hunde von gestern, Abendgeläute. Von Tagen
Stillstehn. Im Ohr: das Eis. Wie es wächst, die mürben Kristalle
Zülpicher Börde
Wie der Hase in die blitzblanke Ebene hineinläuft, Halt sucht, wo kein Halten ist in der Leere, die als ein weißes Nichts allseits auf ihn zuschwimmt, wie er da hineinstürzt ins Kristallvielfache, panisch, kopflos, und stetig hineingesogen wird in eine kreiselnde Stille, wo kein Baum kein Strauch, nur weiß und weiß, und wie der Hase Haken schlagend dieser Masse an schierem Raum zu entkommen sucht, wie er vor der Wucht des Freiseins davonprescht, und wie er, während ihn die Ausdehnung erst langsam einkreist, ihm stets, wohin er sich auch wendet, zuvorkommt; sich dann um ihn legt, schon da ist, ihn niederzwingt; wie er da nach einem Ende sucht und sich aufbäumend vergebens in Raserei gerät, weil die Fläche für jede eingeschlagene Richtung unzählige weitere bereithält, während die Ferne, die langsam (denn sie hat Zeit) ihm entgegenstrebt, seine Flucht hemmt und mit ihm spielt, ihn hierhin und dorthin treibt, bis er ermattet einhält, wie er sich verzweifelt auf die Hinterläufe stellt, nichts zu sehen bekommt als weiße und aberweiße Strecken, so daß er, geschlagen fast, noch ein bißchen gegen den Strom weiterhumpelt, bis das Glitzern schließlich die letzte Bewegung des Tiers, nur mehr ein schwarzes Splitterchen, dessen punktförmiges Springen kaum noch auszumachen ist gegen die Helligkeit (ein Licht, das aus allen Richtungen zugleich kommt und jeden Schatten fortbrennt), wie das Glitzern das einfriert, und wie dann endlich weit draußen, im Davonstreben aller Linien, wo Wolken und Grund einswerden, das Feld einmal kurz blinzelt und den Splitter in sich verschwinden läßt –
Eis
bei uns ist es gerade so glatt, daß ich kaum heil über den supermarktparkplatz gelangt bin. vorhin hat es stark geschneit, und obwohl es über null grad sind, hat sich auf dem boden so eine interessante halbgefrorene schmiere gebildet. faszinierend. flocken, firn, flaum. schlunz, schmodder, matsch. weißer matsch, grauer matsch, schwarzer matsch, halbgefrorener matsch. schneewehen, schneeränder, schneekrusten. was für eine vielfalt an erscheinungen. besonders schön: braune pfützen, die gegen alle regeln der physik von unten und oben gleichzeitig zufrieren und eistümpel von geschätzt einem halben meter tiefe bilden. kein mensch würde da freiwillig reintreten. entzückend auch dieser hauchfeiner flaum frisch gefallene flöckchen, der tückisch sicherheit heischend panzerartig-festgebackenes, spiegelblankes, schlittschuhtaugliches eis verhüllt. auch nicht zu verachten: die keramikartig-harte masse, die sich bildet, wenn hunderte von stiefeln den abwechselnd tags auftauenden, nachts wieder festfrierenden schnee feststampfen, polieren und schließlich zu einer art volksbobbahn werden lassen. oder die erstaunlich gefährlichen eisplacken, die, mit salziger schlunze vermischt, ausgerechnet auf treppenstufen zu hause sind. von einem auto, das in eine pfütze brettert, auf dem gehweg mit einer sorbetartigen, graumelierten masse vollgespritzt zu werden, ist auch eine bemerkenswerte erfahrung. abschüssige feldwege, die tatsächlich als rodelbahn in gebrauch genommen werden, taugen gut für den einen oder anderen bein- oder knöchelbruch. da eiert man dann halt so rum auf feldwegen, die den namen “weg” nicht verdienen, über halbgefrorenes, angetautes, im schatten auch noch gletscherartig-hartes eis, und wo kein eis, da ist so ein halbgefrorenes gegriesel, ähnlich diesem grünen oder rosa zeug, das, in malautomaten emsig zerkleinert, in manchen erfrischungseinrichtungen angeboten wird. nur halt in graubraun und ohne zucker, und man kann herrlich reintreten und ohne weiteres bis zum knöchel versinken. schön auch ist schmelzwasser, das, gefangen zwischen zwei schichten eis, sich nicht entscheiden kann, ob es den rest auftauen oder selbst wieder zufrieren soll, und bis zur entscheidungsfindung den feldweg in einem bis weit ins feld ausbuchenden Tümpel komplett abriegelt. wenn man ausweicht, hat man natürlich sofort hübschen riesenklumpen lehm an den schuhen. alles ist naß, trieft, tropft, trauft, schmiert und schlabbert, taut auf, friert wieder, taut wieder auf. dort, wo man gerade noch gehen kann, ist natürlich die abflußschneise für all das wasser, so daß man dann wählen darf zwischen eismatsch und eiswasser. nicht zu vergessen die glasigen und unscheinbaren gletscherchen, die in irgendeiner schattigen ecke lauern, und einen ganz zuletzt, wenn man schon glaubt, den winter überstanden zu haben, doch noch zu fall bringen.
ich finde, wir haben jetzt allmählich alle arten und unarten von wasser in seinen festen und halbfesten aggregatszuständen durch.
es reicht.
Greinstraße
Er stand seit Tagen im Schnee. Tag für Tag, Nach für Nacht. Die Füße in den Grund gestemmt, die Nase zum Licht gestreckt, bis in den Himmel hinein. So kohlschwarze Augen. So eine gelbe, krumme Nase. Erst mutlos, dann immer trauriger, hat er erst sein Reisigbündel abgeworfen, nicht mehr auf den Hut geachtet und schließlich die Arme hängengelassen. Seine Knie haben ein wenig nachgegeben, aber noch steht er aufrecht, sein Kopf, trotz des Lochs in der Wange, ist hoch erhoben. Er grinst mit einem lachenden Mund, aber seine Augen strafen diese Sorglosigkeit Lügen. Manchmal, wenn man nahe an ihm vorübergeht, hört man ihn keuchen. Er will sein Bündel aufheben, aber es gelingt ihm nicht. Sein Herz pocht. Seine Augen brennen sich in ihre Höhlen ein. Und er schwitzt. Er schwitzt trotz der eisigen Kälte, schwitzt und schillert in der zunehmenden Sonne, schwitzt sich die Knöpfe vom Wams, schwitzt Nässe aus der hohen Stirn, bis die kohligen Augen zu schwimmen beginnen. Um ihn tropft es schon von Schweiß. Oder vielleicht sind es auch Tränen, die sein Wachsgesicht von Innen zerfressen, während alles um ihn zu leuchten beginnt. Man glaubt nicht, daß er Kinder erschreckt, die Kinder aber haben sich am Anfang nur vorsichtig genähert und sind davongerannt, wenn sie seiner Rute angesichtig wurden. Eine prächtige Rute war es auch, schwarz und stachelig und steil aus ihrer Eiswurzel emporgereckt. Dann aber kam die Traurigkeit und das Licht, und jetzt liegt die Rute neben ihm im Matsch. Die Kinder beachten ihn nicht mehr. Auf seiner Stirn sammeln sich, eine helle Unruhe, die Vögel, ein Schwarm Stare. Rechts und links durchstechen Pfähle den Himmel.
Jetzt stehen die Glockenschläge Schlange unter dem bepelzten Himmel. Ein Netz dunkler Straßen gräbt sich ins Weiß, das Licht hat sich selbst vergessen, ein Reisigbündel fault im Schlamm. Als der Vogelschwarm aufflog, blieb ein Kreis aus Schnee im Grund. Dazwischen schimmert es wie von Kränzen und dunklen Sternen.
Vielleicht erinnert sein Geist sich an das Mondlicht, das auf seinen Schultern lag wie ein Panzer, tief nachts, wenn die Straße ihren Namen vergaß, drüben das Gebäude schlief und die Kohleaugen sich in den riesigen Fensterflächen spiegelten.
Bornheim
Vorübergehend wieder eine Tiefe am Himmel, hell, grell und scharf wie ein Sturz, der dauert und dauert und nirgends aufschlägt. Hinter den Lidern dunkle Kreise, Musiktakte lang, ein Flimmern an den feuchten Brauen. Dann ist es schon vorbei, ein Rabe flattert aufs Feld, eine Scholle verschluckt seinen Schnabel, drüben an den Hängen erlöschen die Häuser, die Wolkenfalle schnappt zu über den Ohren und einem Obstbaum, der seinen Schatten frierend in sich zurückzieht und dann klirrend erlischt.