Einkaufstüten

Sie liegen schwer am Ende ihrer Strecken
im dunklen Hausflur wie gefallne Mädchen,
sind heimgekehrt von Laden oder Lädchen,
und lehnen jetzt an kühlen Wänden, recken

die Griffe hoch und wie nach Priesterhänden,
und lauschen nach der Türe, ob von hellern
Bezirken Stimmen kämen, Lärm von Tellern,
ob jemand ging, den Pfuhl ins Licht zu wenden,

den sie im Innern tragen. Wie auf alten
Gemälden Faltenwurf von weicher Seide
so glänzt die Plastikhaut. Sie müssen sühnen

was sie an süßem Prassen in sich halten;
sie leidens nicht, wie’s knistert im Geschmeide
rings um ihr Herz aus Butter und Rosinen.

(Teil der Serie Haushaltssonette.)

Meine Oma fährt im Hühnerstall Motorrad …

Liebe REWE-Filialleiter!

Wollen Sie auch, daß Ihren Kunden das Einkaufen bei REWE Freude macht? Wünschen Sie sich, daß Ihre Kunden sich wohlfühlen in Ihren Geschäftsräumen und sich gerne dort aufhalten? Wollen Sie auch, daß Ihre Kunden die Atmosphäre im Laden als wohltuend empfinden, sich entspannen und gerne wiederkommen? Und wollen Sie Verärgerung und Mißmut bei Ihren Kunden vermeiden? Dann haben Sie doch bitte ein Einsehen. Verzichten Sie fortan darauf, den Werbesong „Buttermilch in Flaschen“ in Ihren Filialen abzuspielen. Denn mit seinem immer knapp den Melodietönen ausweichenden Gesang verursacht diese Einspielung höchstes Unbehagen und löst spätestens beim zweiten Hören einen kaum zu unterdrückenden Fluchtreflex aus. Auch den Text möchte man nicht unbedingt unter die Höhepunkte abendländischer Lyrik zählen. Glauben Sie mir: Niemand wird diese Ohrenfolter zum Anlaß nehmen, ins Kühlregal zu greifen. Und seien Sie unbesorgt: Die Stammkunden der fraglichen Molkereiprodukte werden die neue Verpackung schon von alleine entdecken. Machen Sie doch lieber mit einem Plakat darauf aufmerksam, das gibt immerhin keine Töne von sich. Oder verteilen sie einen Flyer an der Kasse. Die Ohren Ihrer Kunden jedoch weiter zu strapazieren, dürfte Ihrem Geschäft in hohem Maß abträglich sein. Täuschen Sie sich nicht: Ästhetisch empfindliche oder auch einfach nur nicht gänzlich unmusikalische Menschen gibt es viele – mehr als sie vermutlich zu denken geneigt sind –, und der nächste Supermarkt ohne Werbespots, handele es sich nun um Buttermilch oder um Spargelsauce oder was auch immer, ist nur eine Straßenecke entfernt. Sie werden sich, wenn sie fortan auf den Song verzichten, keine Feinde, wohl aber eine Menge Freunde machen. Denn von dem falschen Gesinge bekommt man, verzeihen Sie, ein Geschwür im Ohr.
Und wo Sie schon einmal dabei sind: Machen Sie doch das Einkaufsradio am besten ganz aus. Vielen Dank.

Herzlich
Ihr Solminore