Hinterher

Früher war die Sache einfach. Da steckte man sich nach getanem Werk eine Zigarette an. Das war so verbreitet, daß die “Zigarette danach” sprichwörtlich wurde. Heute verbietet sich der Tabakgenuß schon aus gesundheitlichen Gründen; aber die Welt ist auch bunter, die Vorlieben individueller geworden. Was hinterher das Beste sei, darüber gibt es so viele Ansichten wie es Arten von Menschen gibt. Je nach Geschlecht, Alter und Veranlagung werden die unterschiedlichsten Bedürfnisse laut für die Momente unmittelbar danach. Während junge Männer etwa gleich noch einmal können (der Schweiß ist noch nicht getrocknet, da denken sie schon über die nächste Runde nach), beweisen ältere zwar mehr Ausdauer währenddessen, sind aber danach so erschöpft, daß sie erst einmal ein Bier oder einen Kaffee brauchen, und dann Tage benötigen, bis sie sich erholt haben und zu erneuter Anstrengung fähig sind. Sie seufzt, setzt sich die Lesebrille auf und greift nach dem Krimi. Anders die jungen Frauen: Sie machen gern danach Gymnastik und müssen sich ausgiebig pflegen. In späteren Jahren trinkt die Frau nach der Bewegung in gehobener Stimmung gern ein Gläschen Sekt. Hygienefanatiker müssen gleich unter die Dusche, während andere mit einem Erfrischungstüchlein oder einem Handtuch vorlieb nehmen. Vollgepumpt mit Endorphinen, küssen sich romantische Seelen ausgiebig. Nüchternere Menschen schlüpfen im Anschluß sofort in Anzug und Krawatte und nehmen sich die ausstehende Quartalsbilanz vor. Unter den Männern gibt es Erfolgstypen, die glauben, als erstes ihre Leistung protokollieren zu müssen. Frauen tendieren hingegen dazu, das Geschehene revue passieren zu lassen und darüber zu sinnieren, wie schön es war. Gesundheitsbewußte kontrollieren zuallererst Pulsschlag und Blutdruck, während den lukullisch Veranlagten erstmal der der Hunger drückt. Andere haben nur Durst und trinken wie ein Pferd. Viele Frauen wiederum wollen vom Essen gar nichts wissen und rechnen lieber die verbrannten Kalorien nach. Manch eine wünscht sich aber dann doch Schokolade, eine andere Rotwein. Oft widerstreiten sich die Bedürfnisse: Die eine möchte noch gern kuscheln, was dem anderen zuwider ist, während eine dritte sich wünscht, er möge sie noch ein bißchen massieren; der aber hat schon zu schnarchen begonnen, denn ein “Schläfchen danach” ist für ihn das Größte. Nickerchen, Fernsehen oder in den Korbsessel auf dem Balkon: So viele Menschen, so viele Vorlieben. Man muß da einen Kompromiß eingehen, wenn man’s gemeinsam macht.
Was mich betrifft, so gestehe ich freimütig: Ich halte es mit der Duschfraktion. Hinterher muß ich als erstes duschen. Ja, es gibt für mich nach dem Laufen nichts Schöneres, als mir den Dreck von der Wade zu spülen.