Noch einmal Wuppertalsperre. Vergessen, auf die Uhr zu schauen. Mit dem Gefühl, eigentlich wäre die ganze Strecke bis zum anderen Ufer zu schaffen, etwa bis zur Hälfte geschwommen. Es reicht ja nicht, die 180 Meter bis dorthin zu schaffen; man muß ja auch wieder zurück. Andererseits, was soll passieren? Ich würde bestimmt nicht vor Erschöpfung absaufen, sollte es am Ende doch anstrengend werden. Inzwischen sind bestimmte exquisite Kälteempfindungen bereits vertraut, und darauf kommt es wohl an: wiederzuerkennen, was mit einem passiert, während man in 8° kaltem Wasser eingetaucht ist. Wiedererkennen, und, was sich als Abfolge von Phasen wiederholt, als Wegemarken nehmen. Wissen, bis zu diesem Punkt ist alles gut, was danach kommt, probiere ich besser nicht weitab von Ufer, Handtuch und warmen Klamotten aus.
Das Wasser ist ohne Glanz, von kleinen Wellen bewegt, grau unter dem tief hängenden Himmel. Morgens noch Regen, auf dem Weg noch ein paar Spritzerchen, mehr nasse Luft als echte Tropfen. Mehrere Kranichzüge, Minuten vorm Erscheinen schon durch Trompeten angekündigt, ziehen vorbei, eine Weile löst ein Zug den nächsten ab. Wie schön das wäre, denke ich, ein solcher Kranichzug würde über den Talsperrensee fliegen, während ich im Wasser bin. Zwanzig Minuten später ist es tatsächlich so weit. Ich höre sie, bevor ich sie sehe, drehe mich auf den Rücken, und da sind sie, tauchen in den Glasrand der Schwimmbrille, viel tiefer, scheint es, aus der Perspektive des Schwimmers als von Land aus gesehen, und lauter auch, ein schönes Dreieck athletischer Flieger, und ich denke an jenen Moment, da ein Reiher in Zeitlupe übers Wasser strich, im Sommer, gar nicht so lange her, und bin glücklich.