Bekanntlich gibt es im Leben eines Menschen kurzfristige Interessen (ins Kino gehen, ein Bier trinken, eine Sitcom gucken) und langfristige Ziele (einen Partner finden, Kinder bekommen, Karriere machen). Und ebenso ist es eine Tatsache des Daseins, daß man, um letztere zu erreichen, manche der ersteren opfern muß. Hörsaal statt Kino, Fitneßstudio statt Fernseher, Überstunden statt Bier. Unstrittig ist im allgemeinen auch, was wofür geopfert werden muß, soll das angestrebte Ziel erreicht werden.
So weiß der übergewichtige, hypertonische Sesselpupser ganz genau, daß es seinen langfristigen Zielen nicht entgegenkommt, wenn er auf dem Sessel sitzenbleibt. Möchte er nicht auch gerne sportlich, gesund und schlank sein und seine Zeit sinnvoll nutzen? Der Sesselpupser nickt. Oh ja, das möchte er. Er weiß, daß dieses Ziel erreichbar ist. Er weiß auch genau, was er tun müßte, und zwar jetzt, um es zu erreichen. Doch dann seufzt er, reißt eine weitere Tüte Chips auf und fingert nach der Fernbedienung.
Mit anderen Worten, kurzfristige Interessen hintanzustellen oder gar zu opfern, ist schwierig. Es besteht ein Konflikt zwischen Bier und Bachelorabschluß, und je nach Menschentypus gibt es verschiedene Strategien, den Konflikt anzugehen.
Auf der einen Seite gibt es die von Natur aus sportlichen, die Marathonläufer und Yogameister, die sich von Magerquark und Kohrabi ernähren und statt fernzusehen lieber meditieren und Platon im Original lesen. Aus deren Sicht ist alles ganz einfach. Sie sehen den Sesselpupser und zucken nur mit den Schultern. Dann lauf halt los, sagen sie, iß Kohlrabi, lies Platon und ändere dein Leben.
Dann gibt es die Trotzigen. Sie stellen den Wert der langfristigen Ziele überhaupt in Frage. Ja, und? sagen sie und zucken ihrerseits mit den Schultern. Geh ich halt zugrunde, mir doch egal. An Chips und Serien zugrunde zu gehen ist allemal besser, als mit Kohlrabi unsterblich zu werden.
Wieder andere stellen es schlauer an damit, den Wert der Ziele anzuzweifeln. Sie zitieren eine Studie, die nachweist, wie gesund Chips gerade in Kombination mit Fernsehen seien. Spurenelemente, natürliche Zutaten, wertvolles pflanzliches Eiweiß undsoweiter, und der Bildungskanal ist doch super. Und behaupten, es gebe gar kein Problem mit einem Leben vor dem Fernseher, die Abwertung eines solchen Daseins sei nichts als Propaganda der Laufschuhindustrie.
Zuletzt gibt es noch Leute, die den Wert des langfristigen Ziels zwar anerkennen, aber der Ansicht sind, um gesund und fit zu werden, genüge es, auf kalorienreduzierte Chips umzusteigen und nur noch Sportsendungen anzusehen.
Man kann sich die Klimakrise auch als Konflikt zwischen unseren kurfristigen Interessen und langfristigen Zielen denken.