Aber erst als du weg warst, fing ich an zu frieren. Und dann wurde es auch noch dunkel. Die Uhr vom Kirchturm schlug halb. Es war zwischen irgendwelchen zwei Stunden, und der Zug sollte gleich kommen. Die Uhr schlug, du warst schon weg, und ich dachte daran, wie du einmal, vor einer Ewigkeit, hier in St. Gereonshausen noch nicht da warst, und wie da Turmdohlen um die Kirche flogen und sich auf den schweren Zeigern der Uhr niederließen, als wollten sie die Zeit vorantreiben. Oder vielleicht wollten sie die Zeit auch aufhalten. Gestern gab es keine Dohlen. Es gab nur Zeit, die wieder zwischen uns angewachsen war. Und es gab die gemeinsame, eben vergangene Zeit, die nun wieder reichen mußte, auf Vorrat, wie der schwere Atemzug eines Wals. Keine Dohlen. Nur einen Jugendlichen im Kapuzenpulli, der auf seinem Smartphone rumfingerte. Geisterhaftes Leuchten im fremden Gesicht. Keine zwei Häuserecken entfernt räumte wohl gerade eine Bedienung unser Kuchengedeck ab. Unsere Krümel auf der Tischdecke. Zwei Gabeln mit Schokoladenresten. Die Fähre tuckerte ohne uns über den Rhein. Am Turm waren die Zeiger im Dunkel versunken. Einen Moment und Wachtraum lang war alles möglich, hatten die Dohlen heimlich die Zeit wiedergebracht, war wieder Morgen und alles am Anfang. Gleich würden wir losgehen. Gleich würden wir wieder aufgeregt wie Kinder an der Reling der Fähre stehen. Gleich läge der Weg wieder vor uns. Das Wasser aus der Feldflasche schmeckte schwarz. Im Bahnwärterhaus waren alle Fenster dunkel. “Da wohnt ja jemand”, hattest du am Morgen gesagt, oder war ich das.
Was für eine feine, dichte, bildstarke, sensibel beobachtete Szene einer Trennung, die keine sein will. Ich mag, wie du skizzierst … und mir Raum öffnest für das eigene Erleben.