Ein Tag wie ein zerknülltes, dann wieder glattgestrichenes Papier: Nur allzu sichtbar die feinen Bruchlinien, die Verwerfungen, die rissig unterbrochenen Tintenverläufe. Ausgelesen, weggeworfen, sich wiedererinnert. Da war noch etwas. Eine Tür, die zu früh ins Schloß fiel und so den Schlaf beendete. Ein Band, das sich aus einem Haarschopf löste. Eine Tasse mit einem Kaffeerest, nicht mehr warm, nicht mehr lau, nicht mehr irgendeinem Menschen und seinen Absichten verschuldet, so wenig, wie das Telephon etwas aufhebt von dem, dessen Zeuge und Vermittler es war. Oder die Spiegel, natürlich die Spiegel. Brüche auch hier, im Glas, überall, der Kristall vergilbt von zuviel Sonne, die sich ins Wohnzimmer stahl. Man kennt es und holt es noch einmal hervor, streicht es glatt, fügt die Wundränder einer zerrissenen Photographie wieder zusammen. Zieht das gesprungene Glas aus dem Müll, hält es so, daß im Rahmen nichts spiegelt und das Gesicht, verhärmt von Staub und Kratzern, dahinter schwach aufleuchten kann.
Wege durchs Laub: Hier auch. Hier warst du auch. Fast vergessen, liegt auf den Abmessungen der Wiese eine Patina des unerwartet Wiederentdeckten, das Wehen einer vor Jahren so, genau so schon einmal aus den Dingen sprechenden Glücksverheißung. Dieser Weg, mit dem Laub, mit dem krümeligen Licht, das sich an den Blatträndern bricht, dieser Weg, der so schön an seiner eigenen Tiefe ermüdet: Du weißt, du bist das schon einmal abgeschritten, damals schon in Gedanken versunken. Es hat das alles diesen Film aus Zeit und Ermattung, das Fundstücken in der Tiefe leergeräumter Schubladen anhaftet. Den Rest eines ehemals starken Dufts aus einem eingetrockneten Flacon. Etwas von diesen Zeugnissen vergessener Notizen, halbentzifferbarer Weisungen und Gedächtnishilfen, Gefaltetes und Zerknülltes, das es irgendwie, vergessen von dem Braus der Jahre, in einer Schublade, der Ecke eines Schränkchens, einem unentdeckten Winkel geschafft hat, zu bleiben. Und so spricht es nun ins Leere, zu uns und doch nicht zu uns, eine blinde Schrift: Triff mich heute im Park. Dein M. Bitte noch besorgen: Brot, Butter und eine Abendzeitung. Deine S. Und das Verrückte ist doch, daß es damals auch schon eine Zukunft gab. Und daß du jetzt, in diesem ehemals leeren Raum, in dem jemand auf Brot, Butter, die Abendzeitung und die große Liebe wartete, daß du da jetzt herumspazierst, in diesem Raum, der noch voller Hoffnungen, Erwartungen, Ängste war, da trampelst du jetzt über alte Wege und hast die große Liebe gefunden und wieder verloren, für jene nicht sagbar, nicht einmal denkbar: Und das wirst dann wohl du gewesen sein.