Ich finde inzwischen diese Filme oder Romane zum Kotzen, die einen wie auch immer gearteten “Gegenschlag” oder “Rachefeldzug” der Natur gegen die Menschheit in Szene setzen. Ja, damit ist uns allen geholfen, wie? Soll uns das aufrütteln, oder was? Indem eine Fiktion unsere Sehnsucht nach Strafe erfüllt, danach, endlich von einer höheren Gewalt in unsere Schranken gewiesen zu werden? Indem wir uns ausmalen, wie die Natur zurückschlägt, suhlen wir uns in unserer eingestandenen Schuld und fühlen uns so richtig wohl dabei, wie eine Wildsau im Schlamm. Der Grund für die Freude an solchen Erzählungen dürfte eine ebenso verführerische wie trügerische Katharsis sein. Na, geht’s jetzt besser? Wer sich vom Grauen eines “Schwarms” oder von Ameisen, die die Herrschaft übernehmen, oder sonst einem Kokolores anwehen läßt, darf sich für einen Moment auf der richtigen Seite wähnen, wie die Propheten, wie die Autoren der Sintflutgeschichte. Wir lesen den “Schwarm” oder das Alte Testament und fühlen uns schon vom Grusel genug bestraft. Zumindest aber sind wir ja im Lager der Aufgeklärten, derer, die sich so ein fiktives Szenario überhaupt antun, die den Mut haben, sich den düsteren Visionen überhaupt zu öffnen. Derer, die noch ein Gefühl für Gerechtigkeit, mithin der eigenen Schuld haben. Der zweite Grund liegt darin, daß wir in einer solchen Fiktion nicht mehr verantwortlich sind. Wir sind darin nicht mehr die Obermacker des Planeten. Etwas ist größer als uns, und endlich müssen wir nicht mehr wählen. Endlich tut jemand was. Endlich wird für uns entschieden. Wir brauchen nicht mehr gut zu sein! Herrlich. Diese Befreiung ist schon einen Weltuntergang wert. Ist ja nur Fiktion.
Zum Kotzen finde ich auch diese selbstgefällige Attitüde, mit der manche Zeitgenossen das Artepitheton unserer eigenen Spezies in Anführungszeichen zu setzen belieben, also Homo “sapiens” sagen, “sapiens”, höhö, wobei sie sich selbst natürlich implizit von den Anführungszeichen wieder ausnehmen, als gehörten sie schon deshalb nicht zu den nur vermeintlich Verständigen, weil sie solche Distanz einzunehmen imstande sind. Nicht wahr? Und dann steigen wir wieder ins Auto, bestellen ein fettes Steak und planen die nächste Reise in die Karibik. Und pflastern unseren Vorgarten, ohne daß uns in den Sinn kommt, daß jedes ausgezupfte Unkraut genau davon handelt, was wir gerade als gruselige Fiktion im “Schwarm”, ja, geben wir es ruhig zu, genossen haben. Es ist wie eine Beichte, und die Buße macht auch noch Vergnügen — weil sie uns von den wahren Umweltsäuen distanziert. Das sind nicht wir, neinnein! Wißt ihr was? Es ist geheuchelt und widerlich. Ihr sagt “sapiens”, höhö, aber ihr könnt nicht dumm sein wollen. Was tut ihr, um zu beweisen, daß ihr es nicht seid? Es ist dumm, an dem Ast zu sägen, auf dem man sitzt; sich selbst aber als dumm zu bezeichnen — und munter weiterzusägen, das ist … das ist … ich weiß auch nicht mehr, was das ist. Ihr könnt auch nicht wollen, daß die Natur wie in den Filmen und Romanen oder der Herr in der Bibel ernst macht und Konsequenzen zieht, also schreibt und lest nicht so einen Unsinn, tut lieber was. Oder, noch besser, tut nichts, laßt bleiben. Laßt bleiben, was ihr gerade vorhattet. In aller Regel ist es nämlich nicht gut für das Leben auf diesem Planeten.