In seiner Musik, den Liedern, von seiner eigenen rauchigen und doch notensicheren Stimme vorgetragen, den Oratorien, dem Canto General, war er stets eine freundliche Anwesenheit in meinem Leben. Es ist eines, die Musik eines lebenden Menschen zu hören; zu wissen, der Schöpfer dieser Melodie, er lebt und atmet und denkt und spielt vielleicht in diesem Moment fern von dir Klavier und ersinnt eine Melodie, die du nächstes Jahr zu deiner Freude hören wirst; diese Musik schreibt noch ihre eigene Geschichte fort. Sie ist noch in Bewegung als Ausgangspunkt und Aussicht. Sie ist noch nicht fertig, in keiner ihrer fixierten und zigmal gespielten Noten. Sie weist über sich selbst hinaus, auf Noch-Kommendes. — Etwas anderes, wenn dieser Schöpfer stirbt. Dann wird seine Musik zu etwas Kanonischem, aus dem heraus keine Entwicklung mehr möglich ist. Das Werk, es liegt vor, abgeschlossen; vollendet oder unvollendet wie es ist, so oder so: abgeschlossen. Und dann ist es, als würde auch die eigene Erinnerung, als würden auch die Stunden, deren Gedächtnis mit der Musik dieses Schöpfers verknüpft sind, ihrerseits ins Konservierte und Museale entrückt, fänden, auch sie, ihren Abschluß mit dem Tode dessen, der die verstrichenen Momente begleitet hat und immer weiter begleitete, bis er es nicht mehr konnte. Im Nachhinein sind jetzt diese Momente alle von ihm, dem großen Sänger, verlassen.
(14.10.2021)