Temps perdu

Vier Tage Rödeldorf, vier Tage Live-Rollenspiel. Das Stück: der Alltag vor der Pandemie. Daß ich im Büro ganz alleine bin, ist das einzige äußerliche Zeichen, daß dies hier nur Simulation ist. Wie Urlaub fühlt sich an, was einmal Alltag war. Und endlich fehlt einmal Zeit für Melancholie. Die Abfahrtstafeln der Straßenbahn, das Öffnen und Schließen der Jalousie im Büro, das Surren des Druckers, abends der Schlüssel in der Wohnungstür, das setzt Markierungen in die Landschaft eines Tages, macht die Zeit steuerbar. Ablenkung von der Grübelei. Die Stunden stemmen sich nicht gegen das Bewußtsein, sie bieten sich an als kleine Präsente für erfreuliche Gedanken, die sich in der Ruhe das Abends einfinden. Natürlich war der Alltag nie so, war ja nie Unterbrechung. Aber mit seinen Ordnungen, seinen Forderungen und Angeboten, konnte er, der vielgeschmähte Alltag, gerade dadurch, daß er eben All-, der Hintergrund von allem war und gar nicht erst ins Bewußtsein trat, seine positive Wirkung entfalten. Die man gewöhnlich, da für selbstverständlich genommen, nicht genug würdigt.

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