Die Kirchenglocken sind verstummt. Die freundlichen, bald besänftigenden, bald unaufdringlich mahnenden Stimmen, die mir, wenn ich wach wurde, den bisherigen Fortgang der Nacht so zuverlässig aufgezählt haben, sie sind abgeschaltet. Erst um sechs beginnt wieder das Geläute, und aus dem freundlichen Daherzählen der Stunden ist ein bloßer Mahn- und Weckruf geworden. Ich finde das sehr schade; schon daß man das Geläut seit der Restaurierung 2013–14 leiser gestellt hat (stand der Wind etwa ungünstig, konnte man sich leicht vertun, einen Schlag versäumen, und aus fünf Uhr wurde vier Uhr), hat mich traurig gemacht. Das war nicht mehr der wahre Jakob, das klang doch ganz anders, das war an meiner Heimat herumretuschiert. Eine Freundin meinte damals zu mir, das kann man heute nicht mehr machen. Zugegeben, neben der Kirche hätte ich damals, in Zeiten ungedämpfter Lautstärke, auch nicht wohnen mögen. Trotzdem. Alte Tabakdarren werden abgerissen, Scheunen durch Baumarktversatzstückhäuser ersetzt, Bäume gefällt, Anger verbaut, Bäche zugeschüttet, alte Mauern durch Gabionen ersetzt, Straßenzüge den neuesten sogenannten Erfordernissen des Verkehrs angepaßt, was nichts anderes bedeutet, als daß sie bis zur Unkenntlichkeit entstellt werden. Und jetzt fehlt auch der vertraute Klang. Könnten sie den Himmel und die Wolken und die Vogelzüge umändern, anmalen oder gleich abschaffen, sie würden auch davor keinen Halt machen.