Zu meiner These, daß Wörter wie Student auch dort vermieden werden, wo es keinen Grund zum Gendern gibt (also etwa Student im Bezug auf einen männlichen Studenten, oder Studentin, wenn man genau eine Studentin meint), habe ich kürzlich einen weiteren Beleg gefunden. In einer geschäftlichen Mail lese ich die Formulierung:
“Wenn sich ein Studierenden (sic!) bei Ihnen zu einer Masterarbeit meldet und der Anmeldebogen im Prüfungsamt eingeht, wird dies kontrolliert und dann zugelassen.
Das ist aus zweierlei Gründen kurios. Denn erstens hält sich der Verfasser zwar an die Regel, daß das (vermeintlich nur auf Männer zu beziehende) Studenten durch Studierende zu ersetzen sei, wobei er im Sinne meiner These übergeneralisierend die Regel auf den Singular ausweitet. Zweitens aber ist ausgerechnet hier der Singular des Partizips, weil nach Genus unterscheidbar (der/die Studierende) streng verboten (so wie in “Wenn einer eine Reise tut”, oder “wenn einer einen Ast zersächt” — solche Wendungen sind notorisch schwierig zu gendern), denn gemeint sind ja nicht nur männliche Berwerber. Damit konterkariert der Verfasser sämtliche vorherigen Vermeidungsverbiegungen und führt die gute Absicht in grandioser Weise ad absurdum. Er hätte hier genauso gut beim konventionellen Student bleiben können. Daß er es nicht getan hat, zeigt, daß sich die Vermeidungsregel, nach der jegliche Instanz von Student-, ganz gleich ob in Komposita, ob im Singular, im Plural oder in der movierten Form Studentin, durch die entsprechende Form auf Basis von Studierend- zu ersetzen sei, längst von ihrer ursprünglichen Motivation gelöst und verselbständigt hat.
Man sieht an solchen und ähnlichen Fällen, daß Gendern wider den natürlichen Sprachgebrauch ist und den Sprechern in keiner Weise leicht fällt.
“Ein Studierenden”, tja, dazu fällt mir auch nicht mehr ein. Aber der Genderwahn lenkt meiner Meinung ohnehin nur von den wirklichen Problemen der Menschen ab. Oder sollte ich etwa MenschInnen sagen?
Daß Mensch maskulinum ist, ist natürlich ein veritabler Skandal und ein Beweis, daß Sprache ein Unterdrückungsinstrument des Patriarchats ist.
Aber sowas von.
Das heißt aber nicht, dass es grundsätzlich nicht funktioniert oder falsch ist, sondern bedeutet lediglich, dass das eben mehr gelebt werden muss um eine Stilsicherheit zu gewinnen. Die leichteste Übung, wenn man Fehler nicht ankreidet, sondern als Korrekturmöglichkeit zu einer fairen, gerechteren Gesellschaft nutzt. Ich glaube, Beispiele für Unsicherheiten gibt es viele. Müßig diese als Beleg für ein grundsätzliches Scheitern einer gar nicht mal so schlechten Idee zu sehen.