Mitnotiert, 4.7.2018

Um halb sechs Uhr früh bin ich schon unterwegs. Es ist die kühlste Zeit des Tages, aber der Wald hält die Wärme, die unten im Ort zu Tau zerfallen ist, in Büschen fest, unter Laub, entläßt Ströme aus den Poren verfilzter Dickichte. Ich stolpere vor Müdigkeit, wie ich sie im Winter, bei schwarzem Frost, nie empfinde. Keuchende Holzstöße, abplatzende Borke, dicklich eingekochte Tümpel, die Mücken dünngerieben wie Staub. Einer nach dem andern verstummen schon die Vögel. Jede Stimme ist fern, als reichten die Kräfte nicht für die Nähe. Dafür kommen jetzt die anderen, die Zweibeiner, die Bunthemden, Sonnenbrillenträger und Stöckeschwinger vermehrt aus ihren Höhlen gekrochen. Es ist so warm, als hätte die Sonne nachts den Grund von seiner unteren Seite durcherwärmt. Lockeres Gewölk schwimmt kompakteren Schichten der Luft auf, während am Horizont bläulichgraue Kissen über der Kölner Bucht hängen, daß die samtig aufgerauhten Unterseiten, die Strommasten verschluckend, über die Felder schleifen. Nach Süden spannen sich Schlieren über den Himmelsausschnitt zwischen Siebengebirge und Villenabhang. Zwischen den porösen, schaumblasenartigen Rändern der Wolken preßt sich der Himmel besonders glühend hindurch. Die Sonnen verfangen sich in Spinnfäden, Brombeerdornen scheinen die dicke Luft zu zerkratzen, wie Späher hängen die unreifen Früchte überm Weg. Spalten von Grün öffnen sich, der Staub hat Fieber, wie leicht wäre es, hier zu verschwinden, verschluckt von einem fremdheißen Durst. Geduckt unter einen Haselnußbaum steht ein Widder, als wollte er sein gewundenes Horn, das ihm wie ein orthopädisches Korrekturinstrument auf dem Schädel sitzt, vor mir verbergen. Ein Schatten segelt über den Asphalt, eine Pflaume rollt in den Graben, die Luft belaubt sich und knistert, es ist einer von den Sommermorgen, da das Jahr vergißt, daß es noch andere Zeiten hat.