Schöne neue Welt

Das neue Nachrichtenformat im WDR-Radio, laut, lächerlich, albern, unruhig, dem hektischen Zeitgeist sich schamlos anbiedernd, obgleich sich betont locker gebend (um nicht zu sagen leichtsinnig), doch schon im Tonfall die latente Sensation anklingen lassend: Das macht mir enorm schlechte Laune, und daß ich dem Sender etwas dazu schreiben zu müssen glaube, macht mir die Launenoch schlechter. Vor lauter Ärger über den Plauderschwachsinn wüßte ich gar nicht, wo anfangen, so sehr erscheint mir diese unangemessene Stimmlage, dieses zerschnipselte Pseudoechtzeitoriginaltongelaber, dieses talkshowhafte Blablaform, erscheint mir das dynamisch gemeinte aber doch nur hyperventilierende Gequatsche als Symbol – als kleines Zeichen für etwas großes Krankes und steht mir stellvertretend für eine ganze Heerschar weiterer Dinge, die in meine Wahrnehmung als lächerlich, anbiedernd, reißerisch, aufgeblasen und zuletzt noch recht selbstverliebt hereinstürzen, ohne daß ich sie hereingebeten hätte. Aber was tun? Was sagen? Ich kann dem Sender schlecht eine Palette solcher und weiterer Adjektive, so mir auf der Zunge liegen (und da gäbe es noch kräftigere Ausdrücke) begründungslos auftischen. Da muß schon etwas Schärferes, etwas Polemischeres her, aber was? Etwas, das die Zuständigen dort zutiefst beschämen müßte, wenn sie es lesen.

0 Gedanken zu „Schöne neue Welt

  1. Es gab letztens eine zweistündige Rechtfertigungssendung dazu mit dem Ergebnis, die Hörer wollen es so. Zum Glück ist wenigstens das Zeitzeichen geblieben wie es war, wenn auch an anderer Stelle, so wie die Stellen dauernd getauscht werden müssen, was mich beim Radio genau so aufregt, wie im Supermarkt. Nach dem wenigen Interessanten muss man sich hier wie dort bücken.

    1. Wie gut, daß ich diese Sendung nicht gehört habe — ich hätte mich fürchterlich aufgeregt. Und was den Hörerwillen angeht, so frage ich mich, wieviele Hörer sich wohl kritisch über das alte Format geäußert haben; oder wie die sonst beim WDR wissen wollen, was der Hörer will. Eine Umfrage oder gar Abstimmung hat es meines Wissens nicht gegeben, und wenn doch, dann bin ich jedenfalls nicht gefragt worden. Seit Jahren schon ärgere ich mich über den Fußball (mit O-Ton-Stadiongebrüll im Hintergrund, morgens um sechs) in den Nachrichten. Im Kulturradio. Ach ja.

      Sie merken schon, dies ist ein Thema, wo ich sofort überkoche. Ich höre seit 24 Jahren WDR3 und habe in diesem Vierteljahrhundert allerlei Verschlimmbesserungen erlebt. Es wird immer absurder. Hier ein Geklingel, da eine Unterbrechung, hier eine Kurzmeldung, dort ein Einschübchen — Häppchenkultur mit Kulturhäppchen. Eine der großartigsten Sendungen, WDR3:PM, drei Stunden unmoderierte Collage aus Text, Klang und Musik, haben sie gestrichen. Landwirtschaft heute, gestrichen. Tagesthemen, gestrichen. Undsoweiter. Eine Buchrezension wird in fünf Minuten abgehandelt. Für eine Austellungsbesprechung ist auch nicht mehr Zeit. Häppchen und dann schnell das nächste Thema, nur nicht in die Tiefe gehen, nur nicht zuviel Aufmerksamkeit fordern. Der Hörer will das nicht? Soll er doch Einsleif hören, der Hörer.

      Das Zeitzeichen ist klasse! Hoffentlich wird das nicht auch noch abgesägt. Und das haben sie verlegt, sagen Sie? Ist das nicht mehr um viertel vor sechs?

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