5.6.2013

Heute morgen beim Laufen habe ich einen furchtbar häßlichen Gedanken gehabt, so häßlich, daß ich nicht weiterkonnte. Unter einem Baum blieb ich stehen, preßte die Hand gegen die Augen und weinte und weinte. Plötzlich war ich so allein wie noch niemals im Leben. Es gab nichts mehr, keinen Baum, kein Feld, keine Vögel, es gab nur noch mich selbst, gefangen in mir, zusammen mit meinen kleinen, häßlichen Gedanken eingesperrt, gefangen im lichtlosen Raum hinter meinen Lidern.

Dann hörte ich die Nachtigall. Das Trillern und Schnalzen kam aus einer der Sträucher nahebei, und die Welt nahm wieder Gestalt um mich her an. Ein Spaziergänger mit Hund kam des Wegs. Im Morgenlicht winkte die Straße mit ihren Bäumen. Ich wischte mir die Tränen aus dem Gesicht und lauschte. Ich war wieder in der Welt, aber ein anderer. In diesem Moment verstummte die Nachtigall, oder sie hatte sich in einen anderen Vogel verwandelt. Ich griff in die Brennesseln am Wegrand, um eine andere Art von Schmerz zu spüren, oder mich zu vergewissern, daß ich lebendig sei, und dachte, daß ich gerne mein Gesicht ins Fell jenes Hundes vergraben hätte, der jetzt hinter mir um die Wegbiegung verschwunden war.