Splatterkino

„Nicht aber diesem Schlag, wie ihn führt mit Gewalt meine Rechte,
solcherart nicht, daß du wehrst, bin ich Wirker von Waffe und Wunde.“
Sprachs. Und richtet sich auf mit hoch erhobener Klinge
und in der Mitte die Stirn mit dem Eisen zwischen den Schläfen
spaltet er ihm und in klaffender Wunde die bartlosen Wangen.
Laut tönt es da, wie die Erde gewaltig erbebt vom Gewichte,
da er kracht nieder. Den Leib und die hirnverschmierte Bewaffnung
wirft er im Tode zum Grund, und in gleich großen Teilen
beiderseits rechts und links der Kopf ihm hängt von den Schultern.

„at non hoc telum, mea quod ui dextera uersat,
effugies, neque enim is teli nec uulneris auctor“:
sic ait, et sublatum alte consurgit in ensem
et mediam ferro gemina inter tempora frontem
diuidit impubisque immani uulnere malas.
fit sonus, ingenti concussa est pondere tellus;
conlapsos artus atque arma cruenta cerebro
sternit humi moriens, atque illi partibus aequis
huc caput atque illuc umero ex utroque pependit.

Vergil Aen. IX, 747-755

0 Gedanken zu „Splatterkino

    1. Ja, indem ich entsetzt hinsah, habe ich mir schon oft wüste Träume eingehandelt. Warum mußte ich unbedingt Ermittlungsphotos vom Tatort, an dem Jack the Ripper geschlachtet hatte, anschauen? Was versprach ich mir vom Zapruder-Film? Was trieb mich dazu — welche dunkle Stelle in meiner Seele — mich in Dokumentarfilme über die Görde-Morde zu vertiefen? Oder mir Bilder von “America’s unknown child” anzusehen? Ein teuflisches Vergnügen? Neugier? Katharsis? Ich glaube nicht, daß ich ein besserer Mensch wurde dadurch. Oder daß eine Art von Reinigung Teil meiner Motivation war in dem Moment, als ich die youtube-Seite aufrief. Höchstens, daß ich gelernt habe, daß mich Bilder zu sehr erschüttern. Etwas Schlimmeres als Wiki und die starken Männer ist einfach nicht drin für mich, wenn ich nachts schlafen will. Ich schaue weg, solange noch Zeit ist. Und bleibe lieber bei der Literatur.

      Danke fürs Lob.

      1. Bei Licht betrachtet: Daß Gewaltdarstellungen sein müssen, halte ich für klar; das Aushalten will geübt sein, und wenn sich antike Helden hinmetzeln, ist das ein gutes Trainingsfeld. (Überhaupt emotionale Extremlagen in weiter Ferne.)
        Woher die Faszination? »Gibt es da was, was ich noch nicht kenne?«, vielleicht? Von »Vergnügen« kann bei den meisten Menschen vermutlich keine Rede sein; nicht mal das »wie schön, wenn’s vorbei ist« greift hier, weil das Wissen um Gewalt Spuren hinterläßt: Angst und Trauer; Mißtrauen, Mitleid.
        Unsere Legenden, Märchen, die westlichen Religionen beinhalten extreme Gewaltdarstellungent; das psychische Bedürfnis dahinter vielleicht: Bannung? Erkaufen von Sicherheit?
        Im übrigen werfe ich Bild und Text durchaus in einen Topf; mir können auch Texte den Schlaf rauben.

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