Nager

Acht Uhr morgens, und der ganze Tag schon, jung wie er ist, bereits angefressen von Menschen, allüberall, ihr Wollen und Eilen, ihr Müssen und Vorwärts! so umtriebig und stur, wie von emsig auf Zerstörung sinnenden Nagern. Schwere behäbige Trauben, so stehen sie an den Bushaltestellen und Supermarktkassen, ihrer eigenen Vielzahl triumphierend selbstgewiß. Düsternis im Blick, starren sie Löcher in ihre eigene Zukunft, jedes für sich, und füllen die Straßen mit ihrer abgelegten Zeit. Ab und zu rudert einer mit den Armen wie mit Luftwurzeln, ballt einer die Faust, legt eine andere den Kopf an die Scheiben, als ermüde sie ihre eigene Anwesenheit, alles rennt auf Kommandos, die eine windschiefe Ampel leuchten läßt, los jetzt! Und so hasten sie, glücklich, nicht denken zu müssen, froh, das denken der Ampel und den Asphaltzeichnungen überlassen zu haben. Hasten zum Morgen zurück, der ihnen schon beim Aufstehen abhanden gekommen ist, stieren, wenn’s mal nicht vorangeht, wie die Kühe am Zaun und üben sich in Atemlosigkeit. Sie teilen sich wie Hefezellen. Mit ihrer Vielzahl arbeiten sie rührig an der Abschaffung des Einzelnen. Sie stampfen mit den Füßen, bis die Dimensionen zu würgen beginnen, die Farben verblassen und die Distanzen mürbe werden vor Ekel. Alles ist voller Kratz- und Nagespuren. Nichts ist heil, die Nacht hat Menschen wie ein Hund Flöhe hat. Armes Tier Dunkelheit. Alles schon einmal abgeschritten, man merkt es den Wegen an. Wie leid sie es sind. Die Stadt ächzt unter den Sohlen. Die Ferne läßt den Horizont im Stich. Es ist ja doch alles vermessen und kartiert.
Die Ampel springt auf Grün. Irgendwo wird man schon ankommen. Hauptsache, man hält nicht auf der Kreuzung an. Bleibt einfach stehen. Dreht sich um. Manchmal sind sie sich selbst eine Last. Nur aufgeben, einfach aufgeben, nein, das schaffen sie nicht, das kriegen sie einfach nicht hin.