Was soll man

nun davon halten. Prankt doch auf einer Taschenbuchausgabe des Romans Sturmhöhe, die man in einer Filiale einer großen Buchandelskette, welche sich nach der griechischen Muse des Theaters benannt hat, aus dem Regal zieht, prankt da also auf dem Buchdeckel, gut sichtbar rechts unter dem Titel, etwas, das die Werbefritzen in einer für die Branche seltenen Einsicht und Unverblümtheit „Störer“ nennen. Ein kleines, rotes Aufkleberchen. Darauf steht in schwarzen Lettern geschrieben:
„Lieblingsbuch von Bella und Edward!“
Das erinnert mich an das Jahr 1990, als es manchen Buchhandlungen einfiel, auf druckfrische Ausgaben von Max Frischs Homo Faber ein Aufkleberchen mit dem Vermerk „Das Buch zum Film“ anzubringen. Man darf sich die Frage stellen, welche LeserKäuferschaft die Handelskette im Falle von Sturmhöhe mit sochen Hinweisen anzulocken hofft.
Anders formuliert: Wie groß mag wohl die Schnittmenge aus der Mengen der Stephenie-Meyer-Leser und der Menge der Emily-Brontë-Leser sein …?

0 Gedanken zu „Was soll man

  1. Unterschätzen Sie deren Fans nicht. Die Twi-hards sind ziemlich versessen auf alles, was damit irgendwie zu tun hat. Würde mich nicht wundern, wenn die sich deshalb auch Romeo und Julia reinziehen.

    Und die zahlreichen, dem Teenageralter längst entwachsenen Fans des männlichen Hauptdarstellers in der Verfilmung sind häufig überdurchschnittlich gebildet und lesen viel. Die diskutieren darüber, welche Bücher er auf den Flughäfen dieser Welt mit sich herumschleppt (es gibt immer jemand, der das anhand eines Buchrückens erkennt) und lesen die dann auch.

    “Buch zum Film” macht man heute ja anders. Da wird dann ein Szenenfoto aufs Cover gepackt. Schauen Sie sich beispielsweise mal die englische Taschenbuchausgabe von Jay Parinis The Last Station an.

    Bei Ihrer Abscheu vor Ms Meyer sollten Sie an Rachel Vampirely (Yes, I read it, it’s still stupid.) eigentlich Ihre Freude haben. Ich habe mich jedenfalls köstlich amüsiert.

  2. REPLY:
    So weit ich weiß, sind das die Protagonisten in den true-love-waits-konformen Vampirromanen von Stephenie Meyer. Ich glaube aber, das muß man nicht wissen. (Ich schäme mich ein bißchen dafür, daß ich es weiß.)

  3. REPLY:
    Diesem Wissen kann man sich doch kaum entziehen. Kein Grund, sich zu schämen. Außerdem wissen Sie dann wenigstens, wovon die Kids reden.

    @ Schreibman: Yes, I read it. It’s still stupid gibt Ihnen eine sehr unterhaltsame Zusammenfassung, inklusive eines “adverb count”. Die Lektüre lohnt sich, ich habe mitunter schallend gelacht. Besser und lustiger sind diese Bücher noch nie zerlegt worden.

  4. @arboretum: daß ich mich dafür schäme, daß ich von diesen büchern gehört habe, hat mit einem ganz persönlichen vorsatz zu tun, dem nämlich, ganz prinzipiell und überhaupt nichts mehr wahrzunehmen oder verarbeiten zu müssen, was außerhalb von mir selbst abgesteckter grenzen liegt, jenseits eines ganz bestimmten horizonts. es wäre mir lieb, es gelänge, nur mehr in einer abgeriegelten welt zu leben und nur noch verweisen auf dinge innerhalb dieser welt zu folgen. diese welt könnte, da es unendlich große teilmengen des unendlichen gibt, auch wieder unendlich sein.

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