Greinstraße

Wenn das Licht so wie heute Nachmittag aus einer weiten Lichttiefe heraus senkrecht in die Scheiben fällt, bleibt jede Bewegung, die da draußen die Strahlen verwirbelt, aufgezeichnet, huscht als Schatten über die Schrankwand, zieht eine Spur über den Boden, hinterläßt ein seismographischen Beben an den Augenlidern. Vogelschwärme lassen ihren Schatten durch den Raum fallen, Radfahrer mit ihrem Sprühkranz der Speichen wälzen sich träge über den Teppich, während die Äste von Silberahorn und Pappel hinter allem ein leicht bewegtes Muster bilden. In die andere Richtung blickend verglühen ihre Zweige im Sonnenfeuer. Die Ferne teilt sich in Schichten auf. Zuerst die Folie zwischen drinnen und draußen, die Wand, an der sich die Geräusche dieser Stunde, Autolärm, Schritte, später vielleicht abermals Kirchenglocken, brechen und zu einem beständigen, an- und abschwellenden Rauschen ermüden, das manchmal vom Wind unterbrochen wird. Feine Ringe, Schleifen, kreise, Ovale zeigen diese Grenze an, Striche, Läufe und Flecken, die sich zu Zeichen verdichten, einander widersprechen, in Rätselhaftigkeit schweigen und wieder zu Bedeutungslosen Klecksern zerfallen. In einem Streifen weder diesseits noch jenseits, eingespiegelt in eine Zwischenfläche, sammelt sich ein erster, transparenter Schatten, der dem dichten Abriß, wie er über Schrank und Wände huscht, entlang der Fensterscheibe vorausgleitet. Dahinter, schon im Kreis des Lichts, liegt der Raum der Bewegungen, spannt sich die Baumschicht, der Astzaun, von wo die bewegten Dinge mit ihrem Abbild ins Innere hineingreifen. Und noch weiter die Linie der dritten Schicht, vorerst ein dunkler, unregelmäßiger Wall, dessen Ränder später aber, in einer halben Stunde vielleicht, zu glühen beginnen wird, wenn die Sonne beim Untergang darüber hinstreift. Diese helle Nachmittagsstunde ist eine Welt in der Welt, in die der Klang und die Bewegung dessen, was draußen sein mag, unkenntlich und verzerrt wie in einen Traum hineingreifen.

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