a.d. IX Kal Sept. anno 832 (24. August 79)

C. Plinius grüßt Tacitus

Du bittest mich, daß ich Dir vom Ende meines Onkels schreibe, damit Du den Nachfahren wahrhaftiger davon berichten kannst. Ich danke Dir; denn ich sehe, daß seinem Tode, wird er von Dir gewürdigt, unsterblicher Ruhm zukommt. Denn obwohl er bei der Vernichtung der herrlichsten Landschaften, ebenso wie Bevölkerung und Städte in einem denkwürdigen Untergange zugrundeging, gleichsam, als ob er für immer leben sollte; und obwohl er mehrere bleibende Werke schuf: So wird dennoch die Unvergänglichkeit Deiner Schriften zu seinem Fortleben viel beitragen. Ich halte wahrlich die für glücklich, denen das Göttergeschenk gegeben ist, beschreibenswertes zu leisten oder lesenswertes zu schreiben; am glücklichsten aber die, denen beides gegeben ist. Zu ihnen wird auch mein Onkel zählen, durch Deine Bücher und seine eigenen. Und darum will ich Dir gerne Deinen Wunsch erfüllen, ja, ich verlange selbst nach dem, was du mir aufträgst.

Mein Onkel war in Misenum und befehligte dort persönlich die Flotte. Am 24. August, ungefähr zur siebten Stunde, machte meine Mutter ihn auf die Erscheinung einer Wolke von ungewöhnlicher Größe und Gestalt aufmerksam. Mein Onkel hatte sich gesonnt, danach kalt gebadet, im Liegen etwas gegessen und arbeitete jetzt. Er verlangt seine Sandalen, steigt auf eine Anhöhe, von wo man das Wunder am besten beobachten kann. Die Wolke – von weitem betrachtet war unklar, von welchem Berg; später wurde bekannt, es sei der Vesuv gewesen – die Wolke also stieg in die Höhe und ließ mit ihrer Form von allen Bäumen am meisten an eine Pinie denken. Denn hochgewachsen wie auf einem sehr langen Stamm teilte sie sich in der Höhe in etliche Äste, ich glaube, weil sie von einem Luftstrom vor kurzem hinaufgetrieben worden war, und dann, als dessen Kraft nachließ, von ihm im Stich gelassen oder von ihrem eigenen Gewicht bezwungen, in die Breite ging, an manchen Stellen weiß, an anderen schmutzig und fleckig, je nachdem, wo sie Asche oder Erde emporgerissen hatte. Es schien etwas Großen zu sein, das ein gelehrter Mann näher erforschen müsse. Mein Onkel befiehlt, ein kleines Schiff bereit zu machen; mir stellt er frei, ob ich mitkommen will; ich antwortete, daß ich lieber arbeiten wolle, und zufällig hatte er selbst mir etwas zu schreiben gegeben. Er war im Begriff, das Haus zu verlassen, da bekommt er ein Briefchen von Rectina, der Frau des Tascus, die außer sich vor Angst ist über die drohenden Gefahr – denn ihr Haus lag am Fuß des Berges, und es gab von dort keinen anderen Fluchtweg als mit Schiffen –: Sie bat darum, daß mein Onkel sie dieser Gefahr entreiße. Dieser ändert seinen Entschluß, und was er aus Forschergeist begonnen, nimmt er jetzt aus Großmut auf sich. Er läßt Vierruderer auslaufen und geht selbst an Bord, um nicht allein Rectina, sondern vielen Menschen – die schöne Küste war ja dicht besiedelt – Hilfe zu bringen. Er eilt dorthin, woher andere fliehen, und hält Kurs und Steueruder geradewegs auf die Gefahr zu, derart frei von Furcht, daß er alle Veränderungen und alle Einzelheiten dieses schlimmen Ereignisses diktierte und festhielt, so wie seine Augen es erfaßten.

Schon fiel Asche auf die Schiffe nieder …

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert