Kampf um Ruhe (2)

Mit der Suche nach einer Wohnalternative bin ein gutes Stück schlauer, deswegen aber noch lange nicht weiter. Die Schwierigkeiten, die ein Leben im Wohnmobil, schon ohne das Bücherproblem zu berücksichtigen, mit sich bringt, nämlich: Strom, Wasser, Abwasser, Wäschewaschen, Vorratshaltung, Stellplatz, diese Schwierigkeiten also schienen darin überwunden, und das mit einem Schlag, daß man statt des Wohnmobils einen Wohnwagen wählt, ein Vorzelt dazustellt und sich auf einem Campingplatz mit Dauerstellplätzen einrichtet. Eine kurze Suche im Internet ergab Kosten von etwa € 900 im Jahr für eine Stellfläche von 100 qm. Größere Wohnwagen bringen es durchaus auf 10–12 qm Wohnfläche, die sich mittels Vorzeltes auf gut das Doppelte erweitern ließe. Ein Vorzelt hat außerdem den Vorteil, daß man Erde, Sand, Nässe, Gras nicht gleich in den Wagen trägt. Auf einem Campingplatz hätte man einen eigenen Stromanschluß, Dusche und Toilette stünden zur Verfügung, bei guter Ausstattung gäbe es sogar Waschmaschinen und einen Trockenraum.

Bei Hochwasser überflutet: der Campingplatz "Genienau" bei Bonn-Mehlem. Im Hintergrund der Rhein.
Bei Hochwasser überflutet: Der Campingplatz “Genienau” bei Bonn-Mehlem

Alles bestens, dachte ich, das ist die Lösung. Und begann, Campingplätze in der Umgebung anzuschreiben.
Das ernüchternde Ergebnis: Von den wenigen Plätzen, die so stadtnah liegen, daß ich noch in vertretbarer Reisezeit zur Arbeitsstelle gelangen könnte, haben die einen nur Saisonbetrieb, liegen die anderen im Hochwasserbereich des Rheins („in dieser Zeit müßten Sie den Wagen dann wegstellen“), sind dritte hoffnungslos überteuert (über € 200 pro Monat!) oder alles drei kommt zusammen.
Haha! Meine Wohnung wegstellen. Prima Idee.
Ferner versichern mir Freunde und Verwandte mit Campingerfahrung übereinstimmend, daß ich meine Ruhe gewiß nur in den Wintermonaten haben würde, während die Plätze im Sommer vor allem an den Wochenenden überfüllt seien und es dementsprechend laut hergehe. Hölle, murmele ich, und meine Freunde und Verwandten mit Campingerfahrung nicken bekräftigend mit dem Kopf. Die sei dann da los, richtig. So etwas habe ich mir natürlich auch schon gedacht. Einer der von mir inspizierten Plätze hatte gar eine eigene Bühne, und wozu so etwas dient, weiß man ja. Auch läuft mir ein Schauder über den Rücken bei der Vorstellung, während der Sommermonate morgens vor den Duschkabinen im Kot-plus-Zahnpasta-plus-Rasierwasser-Mief Schlange stehen zu müssen und mich nachts schlaflos zu wälzen, während nebenan bis in die Puppen gefeiert? ach was: einfach nur gequatscht wird. Nur trennen mich dann eben nicht mehr dreißig Zentimeter schlecht gedämmten Mauerwerks von der Quelle des Übels, sondern nur noch zwei Zentimeter gar nicht gedämmten Kunststoffs.
Im Augenblick sieht es so aus, als würden alle Bestrebungen wohnungslosen Wohnens darauf hinauslaufen, den Teufel mit dem Beelzebub auszutreiben.

0 Gedanken zu „Kampf um Ruhe (2)

  1. ich kann den freunden nur zustimmen. campingplätze sind ein ort der qual (ausser im winter). ein wohnmobil hingegen kann das ganze jahr stehen wo es will, mal hier mal da und man kann damit sogar zur arbeit fahren. die logistik zwingt sicherlich zu minimalismus, aber das wiederum hat etwas sehr entspannendes. zugegeben, man braucht noch einen generator für den strom und wasser bekommt man an jeder tankstelle in die tanks gefüllt.
    vielleicht gibt es ja auch pachtgrundstücke der städte und gemeinden (allerdings haben die nicht immer wasser und strom) auf die man seinen wohnwagen abstellen kann???

  2. REPLY:
    Wagenplätze kommen für mich aus zwei Gründen nicht in Frage:
    Erstens, ich bin ein Eigenbrötler, der nicht daran interessiert ist, an irgendeinem wagenburglichen Sozialleben welcher Art auch immer teilzuhaben.
    Zweitens, ich stehe jeder Ideologie, die man gemeinhin mit einem Wagenplatz verbindet, fern, und mein Wohnwunsch beeinhaltet keine politische Aussage.
    Drittens, ich möchte meine Ruhe und unter gar keinen Umständen Reibereien mit Polizei oder Ordnungsamt haben. Wenn ich also in einen Wohnwagen umziehe, dann sollte das unter Billigung von Stadt und Gemeinde geschehen. Was ich gar nicht brauchen kann, das ist die Unsicherheit, ob ich meinen Wagen noch vorfinde, wenn ich nach Hause komme, oder ob der Platz schon geräumt wurde.

  3. Vielleicht könnte ein Testwohnen hilfreich sein. Auf einen Platz Ihrer Wahl, oder mehrereren. Insbesondere an den “sensiblen” Tagen. Hier in Bayern gibt es einige Campingplätze, auf denen ich mir vorstellen könnte, entsprechend zu leben. Zumal offenbar viele Plätze bereits strenge Verhaltensregeln haben, die auch überwacht und deshalb eingehalten werden, also die “Guten”.

    Ansonsten eine Idee, mit der ich bereits ebenfalls seit einiger Zeit spiele…

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert