So nicht

So geht es nicht.

Ich weiß nur, daß es so nicht geht. Nicht gut-, nicht los-, nicht weiter-. Seit Monaten sitze ich in einer quälend engen Kiste, versuche, eine Haltung einzunehmen, die nicht peinigend unbequem ist. Wie ich mich drehe und wende: Grenzen, Grenzen, Grenzen. Druckstellen an allen Orten, vorzüglich aber an den gestauchten Flügelspitzen. Mein Lebensplan, meine Lebensverfassung, nicht lebbar? Grimmiger Starrsinn wechselt mit sturztiefer Hoffnungslosigkeit. Zumal es um Grundlegendes geht, um Unentbehrliches, Wohnen, Essen, Schlafen. Geld, immer wieder Geld, das verhaßte Medium, worüber auch nur eine Minute nachgedacht zu haben eine verschwendete Minute ist, in meinen Augen.
Hoffnungslosigkeit: Weder Brief noch Siegel hab ich, nichts kann ich richtig, auskennen tu ich mich noch weniger, meine Ellenbogen sind schmal und weich, weil ich sie zum Nachdenken allzuoft aufs Knie gesâtzt hab. Ich weiß gleichwohl nichts, jedenfalls nichts, was hier gebraucht wird (so die ätzende Übereinkunft aller).
Der grimmige Starrsinn: Andere haben’s auch geschafft, arbeiten nur ein halbes Jahr, wohnen in Holz und Wald oder Baum, haben die Gewißheit, abends in die Stille einer geographielosen Nacht niederzufallen, sitzen vorm Ofen und sind glücklich ohne elektrisches Licht.
Ich kann Latein und Griechisch und verstehe mich aufs Einpacken von Seifenblasen, sowie auf den schwindelnden Bau von Luftschlössern, Windburgen und Wolkenkuckucksheimen. Denke Wege ins Weglose, erfinde Wörter für Farben, die es nicht gibt und lausche dem Wind seine Geheimnisse ab, großohrig. Gebe auch gerne ambigue Prophezeihungen für zukünftig scheiternde Feldherrn. Jemand eine Beschäftigung für mich? Ein Mäzen? Ein Luftschloßritter, der seinen Töchtern Horaz nehebringen will? Ein Grenzflußüberschreiter? Ein Wolkenkuckucksheimbauherr?
Es bleibt: Den Gürtel enger schnallen, den Kopf in den Wind stecken und einfach nicht akzeptieren wollen, daß die selbstverständlichen Dinge heute unbezahlbar sein sollen.

0 Gedanken zu „So nicht

  1. Könnt ich Latein und Griechisch, würd ich Buch davon machen. Aber ich kann nur in Geschichte und in Pferde – auch Dinge, die niemand braucht.
    Freilich Geld – so plane ich zumindest den Ausstrieg aus dem Gelderlei, und zwar zusammen mit Geschichte und Pferden. Ein Zehn-Jahres-Plan-Soll.

    Kopf hoch, Mann!
    Tanz halt den tumben Reigen mit.
    Solange, bis auch Du genug Drehungen gemacht hast, um auszusteigen aus dem dämlichen Rummelkarussel.
    Selbst die Hütte im Wald will Stück für Stück gebaut werden, und auch sie gibt es nicht umsonst. Selbst sie muß man sich “ver-dienen”.

    “So geht es nicht” sagen sie? Recht haben sie.
    Aber Du wirst Recht behalten.

    Eine Waldhütte ist nur für den Schmachtenden schön. Thoreau und Mulford sind sie schließlich auch nach ein paar Jahren wieder geflohen.

    Aber unter uns – deswegen habe ich MEINE Waldhütte auch noch nicht aufgegeben.

  2. Lieber Mitmensch, es machte mich so unglaublich traurig, was Sie da geschrieben haben, denn Sie sprechen ein großes Mißverhältnis an, an dem wohl viele schöpferisch Tätige zu scheitern scheinen. Da ich Ihnen sehr nachfühlen kann, aber nicht bereit bin aufzugeben und Ihnen von ganzem Herzen Kraft wünsche, sich nicht zerreiben zu lassen und weiter an sich zu glauben, schicke ich Ihnen einen kleinen Auszug eines beachtenswerten Soziologen unserer Zeit. Selber sitze ich an meiner MA vor einem fast leeren Kühlschrank, habe schlechtbezahlte seltene Nebenjobs aber dafür ein wunderschön klingendes Klavier im Zimmer. In diesen Zeiten gibt mir Literatur unschätzbaren Trost und deshalb: Bitte schreiben Sie ihr Buch. Ich mach Ihnen dann eine Musik dazu.

    Wolfgang Engler fragt:

    „Und die Mühe, die ihre Erfüllung in sich selbst findet, die sich gleichsam selbst belohnt – ist sie empfänglich für den äußeren Anreiz, seiner bedürftig? (…)
    Der schöpferisch tätige, handelnde Mensch muss sein irdisches Dasein fristen wie jeder andere auch; der Lohn hat nichts Entehrendes. Allerdings ist er nicht das Motiv des schöpferischen Prozesses, so dass dieser ablaufen kann und auch abzulaufen pflegt, wenn das Leben einigermaßen gesichert ist.“

    • „Was unterscheidet die Anstrengung des Arbeitenden von jener des Handelnden oder Tätigen?“
    • „Ist der schöpferisch Tätige notwendig in den sozialen Austausch eingeschaltet?

    „Ich werde bezahlt, also habe ich gearbeitet“ Das ist das COGITO der Lohnarbeitsgesellschaft. René Descartes, von dem die Formel stammt, hatte sie anders ausgeführt: Ich denke, also bin ich, und das Denken noch nachdrücklicher als kritische Übung verstehend: Ich zweifle, ich denke, also bin ich; dubito, cogito, ergo sum. Der große Franzose schloß von innen nach außen, von der geistigen Praxis auf das Sein, wir schließen von außen nach innen, vom Ertrag auf die würdevolle Praxis, das heißt auf Arbeit.“

    Es läuft auf ein Plädoyer für bedingungsloses Existenzgeld hinaus, das unsereins in solchen Zeiten wohl dringend bräuchte.

    herzliche Grüße

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