Es ist wie eine lange zurückgehaltene, angestaute Energie, die sich plötzlich Bahn bricht: Die Straßen summen und vibrieren von nahem oder fernem Verkehr, Gehwege und Plätze sind dicht von Fußgetrappel, überall ein Blinken und Zucken und Lärmen verschiedenster Maschinen, und selbst der Fahrradständer vor dem Supermarkt ist völlig verschraubt und verklemmt von Blech.
Jedes Jahr zweimal dasselbe Phänomen, nach dem Drei-Königs-Tag und dann am ersten Schultag im August, diese plötzlich überschießende Aktivität, als sei alles und jeder froh, daß es endlich weitergehe mit der Betriebssamkeit. Genug geruht, jetzt muß wieder gelärmt und geschwurbelt und herumhektisiert werden. Nur nicht stillestehen! Nur keine Stille! Nur nicht nachdenken müssen und ins Grübeln kommen. Hauruck!
Während ich selbst gerade erst angefangen habe, den Lärm abzulegen und in diese köstliche Stille zwischen Jahresende und Jahresanfang hineinzuwachsen und dann endlich selbst bis in die Tiefe hinein ruhig zu werden, poltert schon wieder das Getriebe los, rollt an, startet durch und trifft in mir auf einen bereits entwöhnten, empfindlich bloßliegenden, aller Verhärtungen und Panzer entbehrenden Kern. Ich habe es natürlich falsch gemacht: Lieber jetzt Urlaub nehmen und diesem Fleißausbruch entkommen, als die ohnehin stillen Tage wandern gehen. Nie ist es angenehmer auf Straßen und in den Zügen als gerade zu diesen ruhigen Zeiten. Sofern „angenehm“ im Zusammenhang mit „Straßen“ und „Zügen“ überhaupt ein sinnvoller Terminus ist. Die einzige Zeit, in der es in den Menschenpferchen, die man „Städte“ nennt, erträglich ist, ist Sonntags zwischen 5 und halb acht. Sagen wir also: Zwischen Weihnachten und dem Dreikönigstag ist es nicht ganz so schlimm. Ausnahmen sind die geradezu absurden Menschenmassen, die am Silvestervormittag in die Supermärkte einfallen und Waren an sich raffen in Quantitäten, als gehe anderntags die Zivilisation unter. (Was angesichts der Mengen an Explosivstoffen, die da erworben werden, manchmal gar nicht so unwahrscheinlich scheint.)
Manchmal versuche ich mir vorzustellen, wie eine Welt aussehen könnte, in der Ruhe herrscht, eine sanfte, feierliche Ruhe, ein Leuchten in der Luft, ein Glanz auf den Dingen, wie ein gelöstes, nach Innen gerichtetes, dem Geheimnis zugewandtes Lächeln.
Ganz recht, wann ist die beste Zeit im Wald? Richtig, samstag nachmittags! Die fräsenden Waldarbeiter sind mit ihren Blechungetümen wieder fort und die tummelnden Erholungsgeiferer noch nicht da.
Ich kann Deine Stillnot herzlich nachempfinden. Bist nicht allein damit.