Köln, 1. Mai

in köln am frühen abend wieder die hölle los, aber natürlich sind sich alle einig und einverstanden, daß es so sein muß, wenn feiertag ist und das wetter zum eierlegen. trauben völlig überdrehter menschen, alle von irgendwoher, wo es spaßig war, irgendwohin hastend, wo es vermeintlich noch spaßiger werden würde, und die irgendwie alle so aussahen, als seien sie irgendwo entlaufen; dann stand natürlich der zug auf der rheinbrücke, vermutlich, weil die aussicht so schön ist; dann stiegen in K-hbf drei mädels zu, die noch überdrehter waren als der rest der leute, hopsten auf den bänken, kreischten über irgendwas, was man nur lustig finden kann, wenn man 14 jahre alt, komplettproll, rauschig und von der sonne ausgetrocknet ist, rülpsten, lachten wiehernd und schlossen sich später auf der toilette ein (lautes poltern, mehr kreischendes lachen, plötzlich stille, kurz darauf roch es nach rauch) … alles sehr unterhaltsam, und noch viel unterhaltsamer, wenn man ziemlich erfolglos versucht, sich auf seinen Ovid zu konzentrieren, et nisi quod virgo est, poterat sentire Diana / mille notis culpam; nymphas sensisse feruntur.
ich komme von sowas immer schwerer wieder runter. saß gerade eine halbe stunde auf der terrasse und trank ein bier, aber irgendwie will sich die ruhe im innern nicht einstellen, trotz rauschender birken, abendstern und den ersten fledermäusen, die auftauchten, nachdem die letzte amsel verstummt war. es ist, als dringe das alles gar nicht zu mir vor, zu dem sturm, der noch im innern tobt.

0 Gedanken zu „Köln, 1. Mai

  1. verdammte Axt, ich hab so ein dermaßenes Déjà-Vu grad beim Lesen gehabt, dass ich deine Emails durchgegoogelt habe und danach meinen Blog, nach: “14 jahre alt, komplettproll, rauschig und von der sonne ausgetrocknet”. TTh hast du das schonmal letztens geschrieben?? Ich kanns grad echt nirgends hinordnen!

    Ansonsten lustig, wirklich toll geschrieben; und so weit meine Lateinkenntnisse noch reichen, passt auch der Ovid wieder wunderbar gar nicht mittenrein….

  2. REPLY:
    der Ovid paßt leider wirklich nicht — es war halt die stelle, die ich grade zu entziffern versuchte, während die mädels kreischten:
    Wäre Diana nicht Jungfrau, an tausend Zeichen bemerken / hätte sie können die Schuld, die Nymphen, so sagt man, bemerkten’s.
    Typisch Ovidischer erotischer Witz: Im umkehrschluß heißt das, daß die nymphen, obgleich zur schar der Diana gehörend, keine jungfrauen mehr waren … was immer das heißen mag.
    Ach, am Samstag ist alles vorbei … ich werds vermissen.

    Zu deinem déjà-vu: ich habe mit sicherheit diese wendung noch nie benutzt. aber das ist ja das geheimnisvolle an déjà-vus. daß sie etwas völlig neues als urbekannt anzeigen.

  3. REPLY:
    das war aber kein normales Déjà-Vu, sondern hey ich hätts unterschreiben können, dass du das schonmal gesagt hast. Ein Déjà-Vu hoch 3, wenn man so will. Aber wenn du das wirklich noch nie gesagt hast, müsst ich mir wohl mal Gedanken machen.

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