Lexothelminthes

wörter die ich mag, nutzlose aggglomerate von klang, bedeutung, feldern, vernetzungen, tunneln und räumen, reiser, kuckuckslichtnelke, sturmlampe
machmal blieb etwas aus Gelesenem hängen, ein ohrwurm, könnte man sagen, dessen melodie aus der abfolge der laute, vielleicht aus dem plan der zu ihrer realisierung erforderlichen zungen- und lippenbewegungen, dem rhythmus, der sich aus der dauer der laute und aus der betonung ergibt, und vielleicht auch dem verlauf der stimmhöhe ergibt. trollblume, atmen, gezweig. die bedeutung spielt für den ohrwurm keine rolle, denn wie jeder ohrwurm ist es eine insistierende erinnerungsschleife, die sich selbst immer wieder aufdrängt und zu ihrer inneren stummrealisierung aufruft. so sind worte wie melodiefragmente, klingende bögen, akkordverbindungen, motivische tonfolgen. und wie in der musik dem motiv oder sogar dem einzelnen akkord, so hängt auch diesen sprachohrwürmern (lexothelminthen) eine stimmung an, der hauch einer bestimmten welt, eines schmerzes, einer erwartung, einer hoffnung, verzweigt sich aus dem lexothelminth heraus eine kleine eigene welt. halkomelem, penetralia, nemus, amnis was bestimmt diese welt? nicht die bedeutung des wortes, das den lexothelminth ausmacht. auch nicht der klang, in dem er sich verfestigt hat. der klang oder der klangplan oder das abbild dieses klanges im innern ist nur seine realisierung, seine bedeutung ist zufällig. aber wörter haben nicht nur klang und bedeutung, sondern sie sind auch knotenpunkte in einem netz von beziehungen. zu anderen wörtern. zu grammatikalischen informationen wie kasus, präposition, konjugationsmuster. zu standardumgebungen, mit denen es zusammen eine kollokation, eine phraseologie bildet. aber auch, und das ist wesentlich für den lexothelminth: zu texten, in denen das wort vorkam; zu menschen, die es gebrauchten; und zu situationen, in denen es ausgesprochen wurde, groß war oder klein, laut oder leise, und auf die eine oder andere weise wirkung bewies.

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