mürbe

unausgeschlafen. zermürbtes licht. eine frühe, die unachtsam die dinge hinstreut wie ein übermüdetes kind. kristalliner rauch, spröde über dächer hin. wolkenferne. ahnungen von baldigem niederschlag. kaffeeleichtigkeit, die langsam aus den augen weicht. die träume bleiben zuhause und schlafen aus. das herz schlägt und bewegt dickes, müdes blut. überall ist dampf, aus mündern quillt er, aus pappbechern, aus fabrikschornsteinen, aus der hydraulik des zuges. hände halten sich fest an kalten stangen. während elegante schuhe über treppen hasten, türen aufgehen und wieder zu, selbsttätig, vertropft mir der blick über die zeilen der „Medea“. eine zeitung raschelt. eine aktentasche klickt auf. draußen rollen die felder, die vorgärten, die aufgegebenen bahnhöfe mit ihren zersprungenen scheiben, den blinden abfahrtstafeln, den schatten unter der treppe. nicht einmal ein graffito zeigt sich, kein geist.
schön war es bei dir. deinen kuß von eben noch auf den lippen, versuche ich mich zu konzentrieren. wie schnell du jedesmal wieder fort bist, in deiner welt. noch ein kreuzungspunkt, ein frierender bahnsteig, eine zugige halle, füßescharren, dünste aus erstarrtem bier und zigarettenqualm. dort lösen sich lippen und hände voneinander, ein augenblick bleibt schwebend zwischen zwei blicken ruhen, dann schwingt eine tür, du bist fort, es ist immer noch frühmorgens und ich bin schon allein mit mir selbst, so daß nichts bei mir bleibt als meine eigene bewegung.

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