Wenn ich mir vorstelle, daß ich das, was mich bewegt, jemandem sagen will und mir dann Atalante in den sinn kommt, als der mensch, der mir am zwingensten dafür scheint, daß ich es ihm erzähle, und mich dann dieses weihegefühl durchströmt, warm und voll stiller hoheit, so daß ich gar denken möchte, ich liebe sie –
was ist das? was ist das denn für ein gefühl, jemandem gegenüber, der sich noch durch gar nichts hat auszeichnen können, der sich noch gar nicht hat bewähren können, der noch durch keine gemeinsame geschichte geläutert wäre? Es gibt keinen grund für ein solches gefühl. Ist es vielleicht gerade deshalb so – groß?
Oder E. oder C. Was war es? Und was ist davon übrig? Was verspreche ich mir davon, es ihr zu erzählen, was mich heute so gefreut hat, was verspreche ich mir davon, sie zu fragen, ob ich lehrer werden soll? Einen rat? Oder stelle ich mich damit nur vor sie hin und sage, sei mir nah, bitte. Suche ich, weit mehr als eine antwort, ihre zuhörende nähe, indem ich mich als fragender öffne vor ihr? indem ich ihr mein ratsuchen anbiete, auch wenn sie mir diesen rat gar nicht geben kann?
Und warum aber vor ihr? Warum flößt sie mir, schon beim gedanken, ein solches vertrauen ein? Ich habe es doch schon einmal so ähnlich erlebt, als ich so aufgebracht war nach dem referat und dem treffen entgegenfieberte, um es ihr zu erzählen, und da war es, nein, keine enttäuschung, aber: eine ernüchterung.
Wenn ich nun die sehnsucht nach einer solchen frage verspüre, dann hat das doch nichts damit zu tun, daß ich Atalante auch begehre. Oder doch? Und dieses begehren, was hat es damit zu tun, daß ich den wunsch verspüre, ihr eine haarsträhne hinters ohr zu streichen, und was hat die haarsträhne damit zu tun, daß ich gerne mit ihr in einem zimmer sitzen würde, sommers, aus dem das licht langsam davongleitet, bis nur noch der schimmer auf ihren augen mir sagt, wo ihr gesicht ist? Daß ich dann gerne mit dem zeh ihren nackten knöchel anstupsen möchte und sehen, wie der schimmer sich rührt? Und was hat der schimmer damit zu tun, daß ich ihr, während sie noch schläft, einen kaffee ans bett bringen möchte, morgen für morgen, und was hat der Kaffee wiederum damit zu tun, daß ich mir jetzt wünsche, ihr von meiner freude zu erzählen? Und von dem rat, den ich von ihr vielleicht gar nicht hören will, und was hat meine frage und ihre antwort schließlich mit dem lächeln zu tun, von dem ich mir wünsche, es möge auf ihrem gesicht aufleuchten, ehe sie antwortet?
Schöner Text, poetisch. Gefällt mir dass Du Lateinische Zitate sammelst. Bitte weiter so.
Martin