Lateinische Fundstücke: Marmorstein & Eisen …

Das Problem der späten Dichter: Es ist schon zuviel gedichtet worden. Glücklich, wer, am Beginn stehend, den ganzen ungehobenen Schatz der Sprache, das Riesenkaleidoskop des noch nicht Ausgesprochenen, Schlummernden, Verfügbaren überblickend, seine Geliebte noch mit einer Rose vergleichen durfte. Was müssen das für Zeiten der Frische und des Beginns gewesen sein, wo ein solcher Vergleich unerhört und aufregend und betörend war. Was bleibt uns denn noch? Bemühen müssen wir uns, zusammenkratzen, weitherholen, erkünsteln. Zu retten ist nichts. Wir sitzen auf einem schwindenden, allzu lang schon der Plünderung anheimgegebenen Hort.

Da ist zum Beispiel dieses, das vielleicht damals, vor 2000 Jahren, auch schon nicht mehr taufrisch war …

alta prius retro labentur flumina ponto,
annus et inversas duxerit ante vices,
quam tua sub nostro mutetur pectore cura:

„eher die hohen Flüsse zurück in die See werden strömen,
wechselnder Jahreszeit eher sich kehren der Lauf,
als daß in meiner Brust sich die Lieb für dich würde wandeln.“

Tja, mein lieber Drafi, so alt ist dieser lyrische Gedanke schon. Mindestens.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert