Am Morgen nach der Begegnung, 18. August

Messe Wasser mit der Kaffeekanne ab, stelle die mit Wasser gefüllte Kanne auf die Heizplatte der Kaffemaschine, gehe in mein Zimmer und warte gedankenverloren. Nach zwei Stunden Grübelns erinnere ich mich an den Kaffee und ziehe eine Kanne heißen Wassers aus der Maschine. Irgendwas stimmt nicht. Ach so. Ich zähle Kaffeelöffel in den Filter, eins, zwei, drei … als der Filter voll ist, bin ich bei 28. Na gut, ich wollte schon immer mal wissen, wieviele Kaffeelöffel in so einen Filter passen. Das wäre dann also experimentell bestimmt. Dann 20 Löffel wieder herausgeschabt und das Wasser in die Maschine gegossen, das sich, explosionsartig erwärmt, mit Geräuschen, die an den Zahnarzt erinnern, durch die Schläuche preßt. Bleibe diesmal vor der Maschine stehen, bis das von Geräuschdesignern entklungene Gegurgel mir anzeigt, daß alles durchgelaufen ist. Schalte die Maschine aus. Hole mir eine Tasse aus dem Schrank. Entnehme den Kaffeepott der Maschine, zögere. Was wollte ich noch gleich? Ach ja, Kaffee machen! Öffne die Klappe der Wasserzufuhr und gieße den Kaffee in die Maschine. Beklommenes Starren in das ölige Dunkel des Wasserbehälters. Der Meßschwimmer steht in der schwarzen Flüssigkeit auf „3“. Ich löse den Blick und beäuge argwöhnisch die immer noch leere Tasse. Irgendetwas stimmt hier doch nicht. Aber was?

Man sollte Liebenden nicht die Handhabung komplexer Maschinen überlassen. Zumindest nicht unbeaufsichtigt.

Zwei Stunden später: Habe mir in einem Aquariumsgeschäft einen Gummischlauch besorgt. Tauche den Schlauch in die Maschine und den Kaffee, sauge an, gehe mit dem Schlauch an den Lippen und der Zunge in der Schlauchöffnung in die Hocke, wechsle Zunge mit Daumen und tauche dann rasch das Schlauchende in die auf dem Boden stehende Tasse, so daß die Erdanziehung die Flüssigkeit auf dieser Seite des Schlauchbogens nach unten aus dem Schlauch heraus und infolge des bekanntlich in der Natur herrschenden Horror Vacui auf der anderen Seite scheinbar im Widerspruch zu aller Erfahrung durch den Schlauch nach oben und so aus der Maschine durch den gebogenen Schlauch in die auf niedrigerem Energieniveau ruhende Tasse strömen läßt. Zufrieden, in meinem angeknacksten Zustand die Naturgesetze so trickreich zu meinem Vorteil genutzt zu haben, schlürfe ich den mit einem nur ganz leichten Plastikaroma verfeinerten Kaffe.

In meiner derzeitigen Gefühlsverfassung ist ein Teebeutel vielleicht die bessere Wahl.

Ach, Claudia, was machst du nur mit mir?

0 Gedanken zu „Am Morgen nach der Begegnung, 18. August

  1. (18.8.04 11:18)
    *fg* das erinnert mich schwer an meine ehemalige mitbewohnerin: in der schwersten phase der verliebtheit kam sie nach 10 tagen mal auf die idee, das man, um was im kühlschrank vorzufinden, auch was einkaufen muss. ich sag ihr verschiedene sachen die wir brauchen, an einer stunde kommt sie zurück mit 4 packungen butter. kein kaffee, kein klopapier und butter wurde bei uns nich nie gegessen.
    geniesse diese zeit. gruß vom ufo

    (18.8.04 11:24)
    Es ist komplizierter (sehr viel komplizierter), als Du denkst. Aber ich will genießen, was ich genießen kann. Und das andere, das Weh, will ich irgendwo liegenlassen, irgendwo vergessen, ihm dort abhanden kommen, wo ein Schwarm schwarzer Vögel es finden und fressen mag.

    (24.8.04 23:29)
    höchst liebenswert lebensunfähig.
    aber im ernstfall braucht es keine maschinen. meine lustigste erinnerung ist: als ich mir ein eierbrot machen wollte, fand ich mich dabei wieder, als ich – äußerst akkurat – die eierschalen auf dem frischkäse drapierte.

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