5. Sommer zu Hause

Es regnet. Dunkle Flecken wachsen, unmerklich, wie die Reue über eine verlorene Liebe, auf dem Sonnenweiß der gegenüberliegenden Hauswand. Geister, graubeflaggt und faserig, jagen sich am Himmel. Pfützen im Hof, zitternd und brünstig wachsend unter den lasziven Tropfen. Man bleibt draußen, fremd im eigenen Hause, die Kerzenflamme will spotten, daß man immer noch hier ist. Musik mag einem in den Sinn kommen, aber da war ja einmal eine falsche Melancholie, eine Traurigkeit, die man sich in dieser Süße nicht mehr leisten kann, nein, nicht mehr leisten kann.

Wer wohl gegenüber wohnt? Das Fenster ist immer dunkel. Durch das geeiste Glas kann man Flaschen erkennen, Wein, vielleicht auch nur Haushaltsartikel, Scheuermilch, Allzweckreiniger, biologisch abbaubar, was weiß ich, Dinge jedenfalls, die einen zur Verzweiflung bringen könnten, zu einer Verzweiflung an der Welt und ihrer irrsinnigen Logik und Vernünftigheit.

Wer da wohl wohnt?

Als wäre schon das zuviel, ersterben die Tropfen, als habe es ein Regisseur so angeordnet. Die Welt ist Modell, keine Gerüche, nicht die Spur eines tröstlichen, modrigen, schimmeligen Sterbens, die einem den eigenen Tod erträglich erscheinen ließe – die Kinder johlen, todesunberührt, in unverbleichbaren grellen lächerlichen Lustigfarben über die saubere, gänzlich unfruchtbare und duftlose Straße –

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